Apotheose der Technik und der Tradition

Robert Häussers Auftragsfotografien

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Robert Häusser, der am 5. August 2013 im Alter von 88 Jahren starb, zählt zu den wenigen international anerkannten deutschen Fotografen der Nachkriegszeit, die eine unverwechselbare Handschrift bei langer Kontinuität des Schaffens entwickelten. Häusser arbeitete fast ausschließlich Schwarz-weiß und stets mit starken Kontrasten. Der größte Teil seiner Bilder ist von menschenleerer Stille und Melancholie geprägt, weshalb man sie oft mit dem Magischen Realismus in der Malerei verglich.

Die Ausstellung Im Auftrag… Fotografien aus Handwerk und Industrie, die kurz vor Häussers Tod im Mannheimer Reiss-Engelhorn eröffnet wurde und dort noch bis Mitte Januar 2014 zu sehen ist, legt den Akzent auf eine andere Werkgruppe: die Auftragsarbeiten. Natürlich, der Mann musste ja leben! Häusser ließ sich, aus der DDR geflohen, 1952 in Mannheim nieder. Er beschloss, den zuvor eingeschlagenen Weg fortzusetzen und seinen Lebensunterhalt als Fotograf zu verdingen. Allerdings war mit künstlerischer, „freier“ Fotografie noch kaum Geld zu machen. Das sollte erst später kommen, auch wenn die photokina-Bilderschauen (zu deren erster Häusser bereits 1950 eingeladen worden war) sich bereits anschickten, das Bewusstsein in diese Richtung zu schärfen. Überall wurde wieder aufgebaut, und die BASF mit ihren Laboren, Großkesseln, verschlungenen Rohrleitungen und Anlagen lag nur einen Steinwurf von Mannheim entfernt an der anderen Rheinseite. Symmetrische Reihungen, spektakuläre Ausschnittvergrößerungen, sorgfältig beleuchtete Detailaufnahmen: Apotheose der Technik und des Fortschritts im boomenden Wirtschaftswunderland ‑ wir sind wieder wer! Sachlichkeit und unbedingte Faszination sind hier kennzeichnend, wobei die Bildästhetik bisweilen an die Grenze zur geometrischen Abstraktion getrieben wird. So zollte auch Peter Keetmann dem VW-Werk 1953 auf diese Weise Tribut.

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Nicht nur Industrie, sondern auch Handwerk: In den 50ern und 60ern haben noch viele alte Berufe sowohl Tradition als auch Zukunft. Häusser schaut auch hier genau hin, zeigt den Kellermeister, den Glasschiefer, den Uhrmacher, die Lebkuchenbäckerin u. a. als Spezialisten, die ihre Berufe als Passion mit meditativer Hingabe, hoher Konzentration und Perfektion ausüben. Es sind nicht lediglich Dokumente der Arbeitswelt, sondern künstlerisch verdichtete Musterbilder zur Berufskunde.

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Der Katalog ist gut gestaltet und gedruckt, aber im Format zu klein und daher zu teuer. Man hat bei den Fotos auf inhaltliche oder formale Bezüge Wert gelegt und eindrückliche Bildpaare geschaffen. Fast komisch ist z. B. die Doppelseite mit den lärmend prassenden „Freitags-Honoratioren“ links und den intensiv am Weinglas schnüffelnden Weinkostern rechts („Weinprobe in der Pfalz“). Häusser, der sich für keinen guten Porträtisten hielt, bewies, dass er auch darin ein Meister war.

  • Titel: Robert Häusser. Im Auftrag
  • Untertitel: Fotografien aus Handwerk und Industrie
  • Bildautor: Robert Häusser
  • Textautor: Claude W. Sui
  • Herausgeber: 
  • Gestalter: Kehrer Design (Katharina Stumpf)
  • Verlag: Kehrer
  • Verlagsort: Heidelberg
  • Erscheinungsjahr: 2013
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 
  • Bindung: illustriertes Hardcover
  • Preis: 39,90 Euro
  • ISBN: ISBN: 978-3868283891

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