„Brillantes Glasauge“*

Stadtfotograf Karl-Ludwig Lange zieht Zwischenbilanz

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Karl-Ludwig Lange (* 1949) gehört (jetzt hoffentlich nicht mehr) zu den großen Unbekannten der konzeptionellen Dokumentarfotografie. Im eigenen Auftrag und getrieben vom Interesse an Architektur und Stadträumen versucht er seit Jahren, mit dem Wandel seiner Wahlheimat Berlin Schritt zu halten und zu fotografieren, was unterzugehen droht. Und dass nicht nur um des Festhaltens willen, nein, seit mehr 40 Jahren entstehen Bilder, nicht nur Dokumente. Zudem ist er ein genauer Beobachter des Straßenlebens, das er lakonisch zu immer wieder überraschenden Szenarien aus Passanten, Fahrzeugen und Verkehrszeichen verdichtet. Das Raumgreifende von Menschen, Maschinen und Infrastruktur interessiert ihn mehr als der einzelne Fußgänger, was ihn von der „Street Photography“ üblicher Prägung unterscheidet. Natürlich war auch die Berliner Mauer ein Motiv für Lange, geduldig und über Jahre beobachtet und fotografiert, und dies auch dann, als das trennende Betonband längst Geschichte war, seine Schneise in der städtischen Topographie aber noch lange nicht zugeheilt war.

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Endlich hat sich durch verständige und neugierige Kuratoren für den engagierten Fotokünstler die Gelegenheit aufgetan, einen ersten Gesamtüberblick über seine Arbeit zu geben und viele der Projektkisten, die sich bei ihm stapeln, zu öffnen und das Material in Ausstellungen und in einem Buch zu präsentieren. Ausstellungen? Ja, die Mehrzahl ist hier richtig. Denn im Oktober und November 2014 werden gleich 10 Ausstellungen im Rahmen des 6. Europäischen Monats der Fotografie in Berliner Galerien und Museen sowie eine weitere als Verkaufsausstellung eröffnet und bis ins nächste Jahr hinein zu sehen sein. Zweieinhalb Jahre brauchte Lange, um dieses Mammutprojekt vorzubereiten.

Einladungskarten zu Langes Ausstellungen in Berlin, Herbst 2014

Einladungskarten zu Langes Ausstellungen in Berlin, Herbst 2014

Das Begleitbuch ist so konzipiert, dass aus allen augestellten Serien typische, in Schwarzweiß fotografierte Motive gezeigt werden. Leider, leider hat der Verlag zwar mit Detlev Pusch einen hervorragenden Layouter engagiert, aber – „Printed in the EU“ – an der Druckqualität gespart, denn so grau ist Langes Berlin nun wirklich nicht, was jeder bestätigen kann, der seine brillanten Barytabzüge gesehen hat. Es fehlt auch ein vollständiger bio-bibliografischer Anhang. Das Gesamtwerk des „Stadtfotografen“, zum Beispiel zum Thema Mauer, harrt also weiterhin noch einer adäquaten Publikation. Lange hat noch viele Fotobuchentwürfe in der Schublade, die ich gerne gedruckt sehen würde. Das jetzt vorliegende, im Übrigen wohlfeile Buch ist aber schon mal ein guter Anfang!

* Zitat aus einem Leserbrief zu Karl-Ludwig Lange in: Bauwelt, 83.Jg./Heft 41, 30.10.1992

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PS Wir hatten schon vor Jahren eine kleine Internetpräsentation mit Arbeiten von Lange auf unserer Website gezeigt – immer noch hier zu sehen.

  • Titel: Der Photograph in seiner Zeit
  • Untertitel: Berliner Jahre 1973 - 2004

  • Bildautor: Karl-Ludwig Lange
  • Textautor: Bendikt Goebel, Matthias Harder, Cornelia Gerner, Kristine Sprink
  • Herausgeber: Matthias Harder für die Kommunalen Galerien
 und Berliner Regionalmuseen
  • Gestalter: Detlev Pusch
  • Verlag: Nicolaische Verlagsbuchhandlung
  • Verlagsort: Berlin
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 210
  • Bindung: illustriertes Hardcover
  • Preis: 


34,95 Euro
  • ISBN: 978-3-89479-877-2

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