Daheim in der Fremde

Der 1941 in Ostrava geborene Viktor Kolář gehört zu den wichtigsten Fotografen der Tschechischen Republik. Fotografie ist für ihn das Verdichten und Festhalten einer Situation; er konstruiert und inszeniert nicht, sondern er reagiert. Und das auf dem Boden der reichen Tradition des Surrealismus in seinem Heimatland und unter Einfluss der Arbeiten von Henri Cartier-Bresson oder Werner Bischof; Kolář hat dabei eine eigene und unverwechselbare Bildsprache geschaffen. Der studierte Lehrer konnte bereits 1964 ausstellen, aber seinen Bücher erschienen erst ab 1986. Sein Hauptwerk ist seiner von Industrie und Bergbau geprägten Heimatstadt Ostrava gewidmet. Weitgehend unbekannt war, was er während seines Aufenthalts in Kanada zwischen 1968 und 1973 gesehen und fotografiert hat. 2013 erschien dazu eine Monografie, die zeigt, dass sein Blick auf die Absurditäten des Alltags unbestechlich ist, egal, ob im Kapitalismus oder im Sozialismus. Seine Ein-Bild-Geschichten als Buch zusammenzufassen erfordert kein expressives, überkanditeltes Layout, sondern, wie hier, vor allem eine ordnende Hand, was die Zusammenstellung von Doppelseiten und deren Abfolge angeht. Und, wie hier, eine gute Druckqualität, weil Kolář seine Motive nicht nur im hellen Licht bei schönen Kontrasten findet, sondern auch im Schatten, Nebel und in der Dunkelheit. Jedes Bild für sich fasziniert, auch in dem Buch über die fünf Jahre in Kanada!

Kolářs Ausstellung im Sprengel Museum Hannover ist noch bis 21.6.2015 zu sehen.

weitere Bücher von Viktor Kolář

Human, das neueste Buch von Kolář, erschienen bei only photography, Berlin 2015