Die Fünf von der Stadtbildstelle

Als Beitrag zum Kultur-Rahmenprogramm während der documenta 2012 war im Foto-Motel Kassel eine unaufwändige, immerhin vom Oberbürgermeister eröffnete Ausstellung zu sehen, deren fünf fotografierende Teilnehmer pitze Eckart, Tanja Jürgensen, Minu Lee, Helena Schätzle und Christian Schauderna sich mit dem Thema Kassel auseinandersetzten.

Die Ausstellung „Stadtbildstelle“ ist längst Geschichte, doch erschien jetzt zum vorläufigen Abschluss des Vorhabens ein bemerkenswerter Katalog. Alle Ausstellenden haben genug Raum, um ihre Arbeiten individuell vorzustellen. Das Konzept der Drucksache erlaubt unterschiedliche Layouts für jeden Beitrag, allerdings in einheitlicher Typografie. Gewöhnungsbedürftig sind die Raumteiler, kleinere Zwischenblätter in einem an das Einwickelpapier beim Metzger erinnernden Farbton. Deutlicher kann die Zäsur zwischen den Kapiteln nicht ausfallen – und doch streben diese nicht auseinander, wenn auch der einzige gemeinsame Nenner der  Beiträge der Bezug zu Kassel und eine gewisse Gemeinsamkeit bei der Atelieradresse aller fünf Bildautoren ist. Die Gestalter waren so konsequent, auch den Text für den Umschlag auf ein kleineres, rosafarbiges Blatt drucken und außen um den kartonstarken Einband heften zu lassen. Die dadurch entstandene Fragilität des Einbands muss gewollt sein und erinnert an die Vergänglichkeit der zunehmend in Mode gekommenen, eigentlich besondere Ereignisse im Zusammenhang mit einem Buch signalisierende „Bauchbinden“, die Büchersammler oft zur Verzweiflung bringt. Was wohl die schicke Fragilität des Äußeren im Falle des Stadtbildstellenbuches ausdrücken soll?

Was die inhaltliche Ausrichtung aller Beiträge angeht: Kassel und Menschen, die dort leben, ist die thematische Klammer, ohne aber dass man Kassel auf den ersten Blick wiedererkennen kann. Gut so, denn den Herkules kennt man ja schon aus allen Blickwinkeln. Die Themen – die Nacht in der Stadt, Ausländerfeindlichkeit, Zusammenleben in einem problematischen Stadtteil, Adoleszenz und Mode, rätselhafte Landschaft – hätte man auch anderswo finden können. Die Fotografinnen und Fotografen zeigen, was sie können und dass es nicht unbedingt nötig ist, zur Arbeit an exotische Schauplätze zu fahren. Wer sich über Themen und Inhalte weiter informieren möchte, kann dies auf der Homepage der Stadtbildstelle (Link nicht mehr aktiv!) tun.

Dieser preiswerte Katalog einer vergessenen Ausstellung ist das eigentliche Ergebnis des Projektes. Es ist zu wünschen, dass dieses schöne, bibliographisch schwer zu erfassende Künstlerbuch allen Teilnehmern auf ihrem weiteren Weg dabei helfen wird, Türen zu öffnen, um im hart umkämpften Markt von Fotografie und Fotobuch bestehen zu können.