Die Tulpenfeen

Das aufwändig und sorgfältig produzierte Buch hat etwa das Format einer Langspielplatte und der tiefblaue Leineneinband mit dem goldfarbigen, mit japanischen Schriftzeichen versehenen Obi macht neugierig. Die Autorin Kathrin Linkersdorff (* 1966) ist studierte Architektin mit einer Vorliebe für Japan und für die Fotografie, der sie sich seit Jahren ausschließlich widmet. Und dies vor allem dem Motivbereich der Pflanze, nicht draußen im Wald und auf der Heide, sondern drinnen im Studio, wo gezüchtete oder natürlich gewachsene, jedenfalls schön blühende Exemplare bei ihrem Vergehen beobachtet und fotografisch inszeniert werden. Das noble blaue Buch ist nun Linkersdorffs neuester Serie Fairies über Tulpen gewidmet. Die Blüten sind dabei auf ihre Grundstrukturen reduziert, wobei das Licht so eingesetzt wurde, dass sie wie mit Röntgenstrahlen durchleuchtet aussehen. Die Farben sind monochrom verblasst und die zerklüfteten, zarten Formen der Blüten ergeben irrierende Kompositionen, die nichts mit einem sachlichen Herbarium á la Blossfeldt zu tun haben.

Mit dem Staunen über das Wie der Fototechnik und über die minimalistischen, fernöstlich angehauchten Memento-mori-Arrangements erschöpft sich allerdings auch schon der konzeptionelle Ansatz, denn in ihrer Reihung wirken die ästhetischen Tulpenfeen eher so, als ob sie einem Katalog für Wandschmuck in Zahnarztpraxen entsprungen wären. Mehr Poesie als mein ernüchternder Eindruck vermitteln die beiden letzten Sätze des Nachworts von Jens Komossa: „Wer kann noch sagen, was Pflanze, was Natur, was Menschenhand war. Alles vereint sich vor unseren Augen zu einem Bild, dem Bild einer Tulpe von Kathrin Linkersdorff, die ihrem stillen Flüstern lauscht.“