Ein Abgesang?

Sehen so Helden der Arbeit aus, Heroes of Labour? Die Fotoserie des russischen Foto- und Multimediakünstlers Gleb Kosorukov zeigt die Gesichter von 100 Arbeitern einer ukrainischen Kohlenmine in Frontalaufnahme. Es ist nicht irgendeine Mine, sondern die größte Mine Europas, die Stachanow-Mine in der Ukraine. Der Name lässt aufhorchen. Alexei Grigorjewitsch Stachanow zählt zu den größten Arbeitermythen der Sowjetunion. Am 31. August 1935 baute er mit seinem Presslufthammer in einer Schicht nicht weniger als 102 Tonnen Kohle ab, womit er die Arbeitsnorm um fast 1500 Prozent übererfüllte. Das führte zu einem beispiellosen Kult um diesen Mann, der von der offiziellen Propaganda zu einem überwirklichen Helden stilisiert wurde, natürlich mit dem Ziel, den Druck für alle zu erhöhen und die Produktionsnorm drastisch heraufzusetzen.

Kosorukovs Serie Heroes of Labour war ursprünglich eine auf 4000 Quadratmetern angelegte begehbare Installation im Gebäude der ehemaligen Waterschei-Mine in Genk (Belgien). Die Arbeiter-Porträts waren drei Meter hoch und zwei Meter breit und wurden über Bewegungsmelder angestrahlt. Der Raum war ansonsten völlig dunkel. Die Gesichter schwarz vom Kohlenstaub, die Blicke fest auf das Kamera-Auge gerichtet: Die Physiognomien schälen sich förmlich aus dem sie umgebenden Dunkel heraus. In ihnen zeigt sich manchmal Stolz, in vielen jedoch eher Skepsis, Müdigkeit, Erschöpfung und in vielen Resignation. Nur einige Männer lächeln, die wenigsten zeigen sich gelöst und entspannt.

Die Wirkung im Fotobuch ist natürlich viel sachlicher und weniger auf optische Überwältigung angelegt als in der Installation. Das Kohlezeitalter liegt in den letzten Zügen. Viele der hier abgebildeten werden wahrscheinlich arbeitslos. Trübe Aussichten, von Heroismus keine Spur. Dennoch setzt der Künstler den Arbeitern eines im Untergang begriffenen Industriezeitalters noch einmal ein dauerhaftes, eindrucksvolles Denkmal.