Einzigartiges visuelles Experiment

„Der Fotograf“ von Didier Lefèvre, Emmanuel Guibert, Frédéric Lemercier

Didier Lefèvre

1986 reiste der damals 29-jährige französische Fotoreporter Didier Lefèvre nach Afghanistan. Er begleitete eine Expedition der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ ins Kriegsgebiet im Hinterland. Die sowjetische Invasion acht Jahre zuvor und der massive Widerstand islamischer Mudschaheddin hatten das Land verwüstet und die Bevölkerung entwurzelt. Die medizinische Versorgung war katastrophal.

Diese Reise war eine hochgefährliche Mission ins Ungewisse. Mit einer Karawane, bestehend aus rund 100 Eseln, zwanzig Pferden, einer Hundertschaft bewaffneter Männer und dem Ärzteteam brach Lefèvre vor Wintereinbruch ins Hochgebirge auf, querfeldein, durch unwegsames Gelände, da die Straßen von den Russen kontrolliert wurden.

Wir wissen nicht, wie viele Fotos Lefèvre während dieser Expedition geschossen hat, vielleicht Tausende. Aber was mit dem Material anstellen? Lefèvre der Comic-Künstler Emmanuel Guibert (Bilder) und Frederic Lemercier (Texte) entschlossen sich zu einem außergewöhnlichen visuellen Experiment: Sie verarbeiteten Lefèvres Reiseeindrücke zu einer eigenartigen und einzigartigen Mischung aus Graphic-Novel und Fotoreportage. „Der Fotograf – In den Bergen Afghanistans“ erschien vor fünf Jahren in Frankreich, jetzt liegt die deutsche Fassung vor. Weltweit wurde es bisher mehr als 200.000 Mal verkauft.

Die Story folgt der Chronologie der Ereignisse: Von Paris ins afghanische Hochland. Die Erzählelemente, also jene Passagen, in denen der Fotograf selbst Gegenstand der Handlung ist, sind gezeichnet. Die Zeichnungen sind minimalistisch, mit klar begrenzten, schattenlosen Figuren in gedeckter Farbigkeit. Die Fotostrecken Lefèvres sind in die gezeichneten Panels eingebettet. Der Wechsel der unterschiedlichen Bildmedien ist logischer Ausdruck des Wechsels der Erzählperspektive. Das irritiert zunächst, ist aber, absolut schlüssig. Ein reines Comic wäre bloß eine fiktive Story, und eine Fotoreportage über den damaligen Afghanistan-Krieg würde heute kaum noch jemanden interessieren. Durch diese kühne visuelle Umsetzung aber bleibt die Geschichte lebendig. Lefèvre starb vergangenes Jahr an einem Herzinfarkt. „Der Fotograf“ ist sein Vermächtnis. Die Fortsetzung, „Ärzte ohne Grenzen“, ist gerade erschienen.

  • Titel: Der Fotograf
  • Untertitel: In den Bergen Afghanistans
  • Bildautor: Didier Lefèvre (Fotos), Emmanuel Guibert (Zeichnungen)
  • Textautor: Frédéric Lemercier
  • Herausgeber: 
  • Gestalter: 
  • Verlag: Edition Moderne
  • Verlagsort: Zürich
  • Erscheinungsjahr: 2008
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 80
  • Bindung: Hardcover
  • Preis: 24 Euro
  • ISBN: 9783037310267

Kommentarfunktion geschlossen.