Erinnerungsorte

Großmarkthalle und Stasi-Knast

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Das Hessische Denkmalschutzgesetz kennt als einen Grund, ein Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen, dessen geschichtliche Bedeutung. Das Objekt war mit einer berühmten Person und mit bestimmten Vorgängen verknüpft, oder eine Nutzung war von einer solchen Bedeutung, dass man an sie mittels ihrer baulichen Hülle erinnern möchte.

Eines dieser hessischen Baudenkmale mit geschichtlicher Konnotation ist die Frankfurter Großmarkthalle, ein Entwurf des bedeutenden Architekten Martin Elsaesser, inzwischen seiner ursprünglichen Funktion enthoben und jetzt von und für die Europäische Zentralbank genutzt. Bei den Verhandlungen und Planungen dieser Umnutzung kam zur Sprache, dass der Keller der Großmarkthalle von der Gestapo als Sammel- und Umschlagpunkt für die Deportation von Juden zweckentfremdet worden war. Ein künstlerisches Konzept von Marcus Kaiser und Tobias Katz lag der Einrichtung eines Gedenkorts zu Grunde. Es gibt ein Buch dazu, dass das Konzept erläutert, mit Dokumenten und Lebensläufen von Deportierten argumentiert und den Gedenkort nach dessen Fertigstellung zeigt. Die in diesem Zusammenhang verwendeten Fotos stammen von Norbert Miguletz und sind rein dienender Natur; obwohl der Bildteil mindestens ein Viertel des Buches einnimmt, wird der Fotograf nicht, wie die anderen Autoren, mit einer Kurzvita genannt. Das Buch ist kein Fotobuch, aber es erlaubt über die Fotos einen Eindruck von der Gedenkstätte in der EZB auch dann, wenn ein Zugang für Besucher nicht möglich ist.

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Nicht den fertigen Zustand einer Gedenkstätte, sondern den Status Quo vor einer möglicherweise kommenden Veränderung dokumentierte Ruth Stoltenberg für ihr Buch Objekt 1. Es geht um die Untersuchungshaftanstalt und das Haftkrankenhaus Berlin-Hohenschönhausen, ab 1945 erst sowjetisches Straflager und Gefängnis, dann bis 1989 von der Stasi betrieben als Teil des Überwachungs- und Unterdrückungsapparates der DDR. Die (leider nicht datierten) Bilder erschrecken in ihrer lakonischen Haltung, die schäbigen Räume lassen einen immer noch frösteln. Aussagen von Zeitzeugen werden mit einem wiederkehrenden Typ von Stillleben kombiniert: leerer Stuhl, zu sehen sind Sitzfläche und Lehne, vor Wandtapete. Man sieht die Zeitzeugen geradezu Platz nehmen auf dem DDR-typischen Mobiliar, eingeschüchtert vom Stasi-Personal und von den betont sachlichen, abweisenden Interieurs. Einige besonders unangenehme, finstere Hafträume werden in Schwarzweiß gezeigt, Details wie Telefone, medizinische Geräte, Gitter und andere Sperren tun das Übrige, subtil die Atmosphäre der Anstalt anzudeuten. Das in Graupappe mit offenem Rücken gebundene Fotobuch erhielt einen Schutzumschlag im Stil einer Aktenmappe, wurde in Schreibmaschinenschrift gesetzt und mit einer auf graues Papier gedruckten Textbeilage in Englisch ausgestattet. Die Form passt perfekt zum Inhalt, was auch für das Buch über die Frankfurter Erinnerungsstätte gilt.

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  • Titel: Erinnerungsstätte an der Frankfurter Großmarkthalle
  • Untertitel: Die Deportation der Juden 1941-1945
  • Bildautor: Norbert Miguletz
  • Textautor: (diverse)
  • Herausgeber: Raphael Gross, Felix Semmelroth
  • Gestalter: Surface Grafik
  • Verlag: Prestel
  • Verlagsort: München/London/New York
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 242
  • Bindung: Leinen
  • Preis: 29,95 Euro
  • ISBN: 978-3-7913-5531-3
  • Titel: Objekt I
  • Untertitel: Untersuchungshaftanstalt und Haftkrankenhaus Berlin-Hohenschönhausen
  • Bildautor: Ruth Stoltenberg
  • Textautor: Roland Jahn (Vorwort), Wolfgang Zurborn u.a.
  • Herausgeber: 
  • Gestalter: Ruth Stoltenberg und Kehrer Design
  • Verlag: Kehrer
  • Verlagsort: Heidelberg, Berlin
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: deutsch, englische Textbeilage
  • Format: 
  • Seitenzahl: 126 plus 24 im Booklet
  • Bindung: illustriertes Hardcover, Schutzumschlag
  • Preis: 29,90 Euro
  • ISBN: 978-3-86828-601-4

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