Glanz und Elend der 50er-Jahre

„Schöner leben, mehr haben!“ Vielleicht sind Glanz und Elend der 50er Jahre nie so prägnant auf einem Buchdeckel benannt worden. Denn genau so hat sich diese kurze Zeitspanne im kollektiven Unterbewusstein eingenistet! Es geht zwar um „Die 50er Jahre in der Schweiz im Geiste des Konsums“, so der Untertitel, aber die Bundesrepublik ist ja nicht weit. Das Buch ist also nicht nur für Schweizer von Interesse. Von Peter Buomberger und Peter Pfrunder herausgegeben ist es Fotobuch, Volkskunde und Kulturgeschichte in einem, dazu exzellent gestaltet – zurückhaltend, sachlich, klar. Themen der Bild- und Textstrecken sind die neue Mobilität, der Kühlschrank als Signum eines besseren Lebens, Weiblichkeits- und Männlichkeitsmythen, die Veränderung der Medienlandschaft, Jugendkult und Popmusik, Armee und Gastarbeiter.

Bei solch einem Riesenthema ist die Gefahr groß, sich in der Masse des Bildmaterials zu verlieren und sich in seiner Not dadurch zu retten, möglichst viel anzuhäufen. Nicht so hier. Die umsichtige, sich aufs Wesentliche konzentrierende Bildauswahl ist geradezu bestechend. Man dokumentiert nicht bloß, man lässt (meist) zwei treffend arrangierte Bildpaare auf Doppelseiten sich gegenseitig erklären. Etwa so: Links die geordnete Produktion von Automobilen in steriler Montagehalle, gegenüber der Autofriedhof mit ausgeweideten Blechkarossen in der ansonsten unberührten Landschaft. Einerseits die Schöne, welche dezent lächelnd ihre in Perlonstrümpfe gewandeten Beine aus dem Almhüttenfenster streckt, andererseits der Fließbandarbeiter in der Strumpfhosenproduktion. Geschichte lässt sich nicht auf einfache (Bild-) Aussagen reduzieren. Sie ist eine komplexe Sache voller Sprüche und Widersprüche. Das zur Idylle neigende kollektive Gedächtnis braucht ab und zu mal eine kalte Dusche.

Die Fotos kommen zu ihren Recht, man lässt sie atmen, keine Bildunterschrift stört beim Schauen. Es sind „Gebrauchsfotos“ in schwarzweiß, überwiegend Werbe- und Pressebilder, hinten gibt es einige Farbseiten aus Prospekten und Illustrierten. Renommierte Schweizer Fotografen sind vertreten, etwa Rob Gnant, Hans Baumgartner oder Theo Frey. Die Textautoren werden im Anhang kurz vorgestellt, die Fotografen nicht.* Das ist schade. Aber nur das.

* Ein Index Schweizer Fotografinnen und Fotografen ist jedoch problemlos zu finden auf der Homepage der Fotostiftung Schweiz.