Raffiniert gestapelt

Darauf muss man erst einmal kommen: Ein Fotobuch über Holzstöße. Aber nicht nur ein Fotobuch über irgendwelche Holzstöße, nein, eins über Holzstöße in der Oberpfalz. Zur Erinnerung: Die Oberpfalz ist eine Region im Nordosten Bayerns. Man darf also fragen: Was unterscheidet den in der Oberpfalz aufgeschichteten Holzstoß von dem im Schwarzwald, in der Sächsischen Schweiz oder im hessischen Bergland? Nach Durchsicht des Buches glauben wir sicher bestätigen zu können: nichts! Holzstämme werden vom Astwerk befreit, der Länge nach gespalten, auf mehr oder weniger handliche Länge gesägt und dann gestapelt. Holzstöße sind unterschiedlich breit, hoch und lang, mal ordentlicher, mal unordentlicher geschichtet, manche sind mit Planen abgedeckt. Sie lehnen an Wänden, stehen in Garten, Wald und Flur. Rückschlüsse auf ihre Besitzer sind möglich: adrett, formbewusst, nachlässig, ordnungsliebend. Es gibt Könner im Hochstapeln und ungeübte Novizen.

Haben wir auf dieses Buch gewartet? Eher nicht. Umso überraschter waren wir als es uns erreichte. Es taugt durchaus als Geschenkbuch für Oberpfälzer – oder, um den Kreis der Adressaten noch weiter einzuschränken, für Amberger. Denn in dem beschaulichen Städtchen hat der Verlag seinen Sitz. Hätte man das Buch einfach nur „Holzstöße“ genannt, wäre es vielleicht auch in Ostfriesland ein Verkaufsschlager geworden. Allerdings ist die 1. Auflage mit 100 Exemplaren sehr klein geraten und, wie wir vernommen haben, schon so gut wie ausverkauft.

Die Fotos von Philipp Koch sind so unspektakulär wie ihr Sujet. Meist von der Schnittseite her fotografiert zeigt sich immerhin die ganze Raffinesse der Stapelei, wobei Koch die Umgebung immer meist mit einbezieht und somit räumlich verortete plastische Monumente dokumentiert. Das erinnert nicht wenig an die strenge Sachlichkeit der Becher-Schule. Mit den Texten wirkt das Fotobuch wie eine Phänomenologie und Typologie des Holzstoßes. Präzise Ortangaben hätten das Konzept noch auf die Spitze treiben können. Von daher wollen wir dem Buch seine Berechtigung nicht absprechen, gibt es ohnehin kaum mehr etwas, das es nicht als Fotoserie zwischen zwei Buchdeckel schafft, seien es abgestellte Einkaufswagen, herumstehende Gießkannen oder Schweizer Friseurläden. In gleicher Aufmachung hat der Verlag noch einen Band über Scheunen der Oberpfalz und Katholische Bäume der Oberpfalz im Programm.