Strenge im Blick

Es war nur eine Frage der Zeit, bis Candida Höfer mit ihrem Konzept, dreidimensionale Innenräume in zweidimensionale Bildflächen umzuformen und diese dann in Büchern zu präsentieren, Weimar erreichen würde. Für die Anna-Amalia-Bibliothek geschah dies genau zum richtigen Zeitpunkt, denn wenige Wochen nach dem Besuch der Fotografin wurde deren prachtvoller Rokokosaal ein Raub der Flammen.

Um diesen 2004 im Rahmen einer groß angelegten Serie über Bibliotheken entstandenen Kern herum hat Höfer 2006 weitere historische Innenräume in und um Weimar aufgesucht und in ihrer unspektakulären Manier fotografiert: Kamera in Augenhöhe, Betonung von Symmetrien, Auslassen gewagter Perspektiven, kein großer, allenfalls dezenter Aufwand an zusätzlicher Beleuchtung. Entstanden sind strenge Raumportraits, die man notfalls auch als Bestandsdokumentation (wie bei der abgebrannten Bibliothek) verwenden könnte, aber eben nur notfalls. Neben dem Herauspräparieren der architektonischen Raumkanten und Wandöffnungen, der Formen von Möbeln und Einrichtungsgegenständen sind für Höfer vor allem die Farben wichtig. Diese sind nie grell, aber im Falle der Weimarer Räume unwirklich kalt und als fast schon ausgeblichen zu bezeichnen. Ist das die Klassik heute, eine trotz aller Besucherströme und Benutzungsspuren kalte, verblichene Chimäre aus dem Kanon des Bildungsbürgers? Wollen wir hoffen, dass Höfers Interpretation weit an der Realität vorbeigeht….