Tiefe Einblicke in die Provinz

Der Eifel-Fotograf Heinrich Pieroth und sein umfangreiches Werk

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Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch direkt vor der Haustür liegt? Das hat sich – frei nach Goethe – Heinrich Pieroth gesagt. Und es ist aus heutiger Sicht schon ein bemerkenswertes Phänomen, wenn man ein derart ausgeprägtes Gespür für den Exotismus der Nähe entwickelt, sich diesen bewahrt und ihn über vier Jahrzehnte konsequent in hochqualitativen Bildern einfängt. Leute, Leben, Landschaften – das waren Pieroths Motive. Also: Bauern und Bürger, Feste undBräuche, Arbeitswelten – Handwerk, Landwirtschaft, Gewerbe – Architektur-, Stadt- und Dorfporträts sowie Landschaftsaufnahmen.

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Pieroth, 1893 in dem Eifelstädtchen Mayen geboren, machte sich 1920 als Fotograf in seiner Heimatstadt selbstständig und eröffnete dort ein Fotoatelier. Seine weiteste Reise führte ihn im Anschluss an seine Fotografenlehre in einem Mayener Atelier als Geselle nach Herne und Saarbrücken. Seine Bildauffassung war und blieb durch und durch traditionell. Die bildkünstlerischen Innovationen der Avantgarde interessierten ihn nicht. Oder hat er sie gar nicht wahrgenommen? Von daher blieb er, vor allem bei der Landschaftsfotografie, durchaus der Malerei verpflichtet. So schätzt er Ausblicke mit tiefen Staffelungen in den weiten Raum, Menschen scheinen bei ihm nicht selten Staffage zu sein. Überhaupt interessierte ihn beim Menschen weniger das individuelle als das typische: Handwerker und Bauern bei ihren oft traditionellen Verrichtungen, spielende Kinder, Menschen in Tracht, Alltags- und Arbeitskleidung. Mit nahezu systematischer Akribie erkundete und dokumentierte er sein Lebensumfeld mit der Kamera, wobei er nichts dem Zufall überließ. Gruppenaufnahmen sind sorgfältig arrangiert, wie er für seine sorgfältigen Kompositionen überhaupt stets den besten Standpunkt sucht. Der Wert dieser Aufnahmen liegt darin, dass sie uns einen tiefen Einblick in das Leben einer deutschen Provinz vermitteln und das über mehrere Jahrzehnte.

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Die Druckqualität des Bandes ist exzellent, die Gestaltung unspektakulär sachlich, wobei der Verlag mehrere Titel im Programm mit erkennbar gleichem Layout hat. Herausgeber ist das Rheinische Bildarchiv in Köln, das den Nachlass Pieroths – rund 5000 Glasnegative und 400 Mittelformatfilme – aufbewahrt. Alle Abbildungen werden im Anhang nachgewiesen mit Signatur, Kurztitel, Datierung (soweit vorhanden), Format und Hinweisen auf die Fototechnik. Das Buch ist sowohl ein Porträt der Eifel in der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts als auch eine wissenschaftlich fundierte und dazu gut lesbare Einführung in Leben und Werk des bisher weitgehend unbekannten Fotografen Heinrich Pieroth.

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  • Titel: In der Eifel
  • Untertitel: Fotografien von Heinrich Pieroth aus den 1920er- bis 1950er-Jahren
  • Bildautor: Heinrich Pieroth
  • Textautor: Susanne Laugwitz-Aulbach, Karlheinz Pieroth, Ulrich Pieroth, Johanna Gummlich, Susanne Kube, Katja Hoffmann
  • Herausgeber: 
  • Gestalter: Ralf Reiche
  • Verlag: Emons
  • Verlagsort: Köln
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: deutsch
  • Format: 28,5 × 31 cm
  • Seitenzahl: 320
  • Bindung: Hardcover, illustrierter Schutzumschlag
  • Preis: 39,95 Euro
  • ISBN: 9783740807948

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