Martin Parr ist nicht nur der Impressario der Fotobuchwelt, der über Wohl und Wehe von Büchern und Karrieren entscheiden kann, sondern er arbeitet natürlich selbst als Fotograf, der gerne Fotobücher macht. Und zwar ein stilprägender Fotograf, dessen Arbeiten einen hohen Wiedererkennungwert besitzen.
Einer seiner berühmtesten und vielleicht immer noch nicht abgeschlossenen Serien handelt vom Leben am Strand in all seinen Facetten. Parr war nicht nur an den Küsten Großbritanniens unterwegs, sondern auch in Italien, Spanien, Brasilien, Lettland oder wo auch immer man sich am Wasser in die Sonne legen kann. 2012 erschien als eine Art vorläufige Zwischenbilanz das Album Life´s a beach in einer englisch- und einer französischsprachigen Ausgabe zu je 1000 Exemplaren plus je 50 Künstlerexemplaren. Diese auf den Sammlermarkt zielende Publikation ist ein Fotobuch im Gewand eines traditionellen Urlaubsalbums. Eine in der Tat (zu?) naheliegende Idee, die hier mit hohem Aufwand realisiert wurde. Die 96 Bilder sind zwar in Hochglanz inkl. Rückseitenlogo gedruckt, aber in geduldiger chinesischer Handarbeit in Schlitze eingesteckt, könnten also einzeln entnommen werden. Die Bildlegenden hat Parr eigenhändig geschrieben. Zwischen den kartonstarken Bildseiten wurde schützendes Transparentpapier eingelegt. Der Einband ist mit sandfarbenem Stoff überzogen und das Ganze wurde mit einem braunen Faden kunstvoll am Rücken verschnürt. Das Vorwort in Schreibmaschinentypographie wurde auf rosa Papier gedruckt und vorne eingefügt wie auch ein kleines Zettelchen, das Martin Parr mit seinem Namenszug versehen hat. Alle 2100 Exemplare sind also nicht nur nummeriert, sonden auf diese rationelle Weise auch signiert worden. Da das allen Exemplaren galt, bedeutet es eigentlich nicht viel. Wer darauf Wert legt, wird Mr. Parr bei einer persönlichen Begegnung um eine zusätzliche individuelle Widmung bitten.
Die wohlfeile Version dieser Arbeit erschien mit gehörigem zeitlichen Abstand nach der inzwischen fast vergriffenen Sammlerausgabe. Das kleinere und dünnere Buch enthält gleichfalls Strandbilder – und zwar 98 aus den Jahre 1985 bis 2012. Der Einband ist mit einem Stoff bezogen, aus dem man auch Hawai-Hemden schneidern könnte. Auf der Rückseite hat der Verlag leider einen großen Aufkleber mit einer Inhaltsangabe platzieren lassen, was den handschmeichelnden Reiz des Einbandmaterials konterkariert. Innen setzt sich diese gestalterische Unsensibilität durch das Kombinieren von ganzseitigen Reproduktionen von Stoffmustern mit den Parr´schen Strandbildern fort. Gut, es gibt zuweilen Parallelitäten zwischen Streifen und Strukturen, Formen und Farben, aber so, wie der Band layoutet wurde, wirkt es weder ironisch noch erheiternd oder entlarvend. Parrs Bilder brauchen so etwas nicht.
So gesehen überzeugt die kleine Ausgabe für den Massenmarkt nicht wirklich. Und das liegt nicht an Parrs Fotos. Während die früheren Bücher mit den Aufnahmen vom Strandleben ganz auf die eigenwilligen, oft skurrilen Bilder konzentriert sind, scheint es heute so zu sein, dass Großmeister Parr für seine eigenen Arbeiten mehr bieten muss – er weiß ja alles über Fotobücher, was auch eine Last sein kann. Mir wären die Bilder in einem coolen Layout mit einer in der Sequenz raffinierten Abfolge als „einfaches“ Buch lieber gewesen als in der Form eines effektvoll verspielten Urlaubsalbums. Mit der wegen der Stoffrepros nur mäßig originellen Billigversion wurde eine Alternative zugunsten eines „leichten Sommerbuchs“ (so die Verlagswerbung) in den Sand gesetzt.
Titel: Life’s a Beach
Bildautor: Martin Parr
Textautor: Martin Parr
Gestalter: Xavier Barral
Verlag: Aperture bzw. Éditions Xavier Barral
Verlagsort: New York bzw. Paris
Erscheinungsjahr: 2012
Sprache: englisch bzw. französisch
Format: 24,0 x 32,0 cm
Seitenzahl: 6 S. Text, 64 Bildseiten, 96 Fotos
Bindung: Hardcover mit japanischer Bindung, (dünner) Kartonschuber