Ein genauer Beobachter Südafrikas

Für Fotografen gibt es keinen Nobelpreis. Dafür den Hasselblad Award, der wie sein berühmterer Kollege auch aus Schweden kommt und dort seit 1980 verliehen wird. 2006 traf die Wahl auf David Goldblatt, der sich damit zu früheren Preisträgern wie William Eggleston, Robert Frank, Richard Avedon oder dem Ehepaar Becher hinzugesellt (siehe www.hasselbladfoundation.org). Goldblatt ist durch seine subtile fotografische Annäherung an die gesellschaftlichen Probleme seines Heimatlandes Südafrika bekannt geworden. Der 1930 geborene Fotograf fand neben seiner gewerblichen Arbeit immer die Zeit, sich mit der Rassendiskriminierung, der elendigen Lage von Arbeitern oder anderen unschönen Zuständen zu beschäftigen. Bevorzugt erschienen seine umfangreichen Bildessays in Büchern. Einzelbilder oder quantitativ begrenzte Ausstellungen werden von Goldblatt selbst nicht als repräsentativ für seine Arbeiten angesehen. Folgerichtig erschien zur Ausstellung, die mit der Verleihung des Hasselblad Awards verbunden ist, keine Monographie mit den schönsten, ergreifendsten oder berühmtesten Bildern Goldblatts, sondern eine in sich geschlossene Monographie mit einer Reihe ganz neuer Farbbilder – überwiegend Landschaften, die jenseits ihres ästhetischen Reizes immer auch einen Verweis auf ihr Entstehungsland enthalten.

Der zu der großen Retrospektive im Winterthurer Fotomuseum erschienene Band folgt Goldblatts Büchern und stellt aus diesen je eine größere Bildstrecke vor. Wer „In Boksburg“ (1982) oder „Particulars“ (2003) seinerzeit verpasst hat oder sich die heutigen Antiquariatspreise für diese oder andere Originalwerke nicht leisten will oder kann, bekommt mit der Winterthurer Monographie einen perfekten Überblick über die wichtigsten Arbeiten des Südafrikaners. Eine ausführliche Biographie des Fotografen rundet diese fulminante Werkschau ab.