Die Leipziger Schule

Der Boom, den die sogenannte Leipziger Schule derzeit hinsichtlich der Malerei erfährt, wird vielleicht auch die Fotografie aus Leipzig erfassen. Die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig war die einzige Aussbildungsstätte für künstlerische Fotografie in der DDR. Dort lehrten Größen wie Evelyn Richter und Arno Fischer, heute haben u.a. Joachim Brohm und Timm Rautert Lehrstühle inne. Die Meisterklasse Rauterts nutzt den von ihr bestrittenen Ausstellungszylus „Vor allen Augen“ im Goethe-Institut in Paris, um (nicht nur am Ausstellungsort) mit einem Buch einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Die Idee, dass eine Klasse angehender Fotokünstler eine professionell gestaltete und erstklassig gedruckte Monografie oder einen eigenen Katalog vorlegt, ist nicht neu – der 1996 an der Züricher Hochschule für Gestaltung entstandene Band „Die Klasse“ setzte die Maßstäbe. Rautert und Brohm haben mit ihren Schülern schon mehrere ähnliche Bücher erarbeitet, die nicht nur einen der letzten, besonders praxisnahen Ausbildungsschritt auf dem Weg zum Künstlerberuf markieren, sondern auch gleichzeitig einen ausgezeichneten Start in die Selbstständigkeit darstellen. Im Falle des Bandes „Vor allen Augen“ ist das Thema u.a. mit pseudodokumentarischen Rumhänger-Inszenierungen (Tobias Zielony), einer Filmanalyse mit Aha-Effekt (Linda Weiss), einer fotografischen Lektion in der taxonomischen Klassifikation von Nadelgehölzen (Ulrich Gebert) oder einer auf offener Straße erjagten Handtaschentypologie (Viktoria Binschtok) behandelt worden. Die Prognose, wen man von den insgesamt 15 mitarbeitenden Fotografinnen und Fotografen bei nächster Gelegenheit bei Großausstellungen wiedersieht, fällt schwer. Die gute Ausgangsposition, die ein solches Buch bietet, haben die Meisterschüler und -schülerinnen jedenfalls nach Kräften genutzt.