Kalisalze sind als Grundstoffe für Düngemittel wichtig für die Landwirtschaft, aber der Abbau ist schlecht für die Umwelt, weil salzhaltige Abwässer anfallen, die irgendwo entsorgt werden müssen. Aus dem osthessischen und westthüringischen Kalirevier rund um Heringen wurde und werden Abwässer über die Werra in die Nordsee entsorgt, was den Fluss seit Jahrzehnten aus dem ökologischen Gleichgewicht gebracht hat. Aus den als weiße Berge weithin sichtbaren Abraumhalden gelangen gelöste Salze ins Grundwasser. Stellenweise haben sich nun Biotope mit salzliebenden Pflanzen gebildet.
Die Fotografin Anna Bergold hat sich des ambivalenten Themas angenommen und nach einer beharrlichen und umfassenden Recherche eine fotokünstlerische Studie konzipiert, als deren Abschluss nun eine Art Arbeitsbericht erschienen ist. Dieser ist unterteilt in zwölf Kapitel. Am Anfang steht ein Blick in das vom „Monte Kali“, einem Abraumberg bei Heringen, geprägte obere Werratal. Dieser Teil knüpft an Bergolds erstes, im Eigenverlag erschienenes Buch Land (2021) an, in dem in bester Tradition der New Topographics dörfliche Strukturen fotografisch aus dem nordhessischen Landschaft herauspräpariert werden. Die nächsten Kapitel in Terra Salis sind dem Nutzen des Salzes, dem Abbau und der Lagerung des Abraums, der Grundwassergefährdung und den Neophyten gewidmet, um am Schluss wieder zu den Fragen „Was ist Landschaft? Was ist Natur?“ zurückzukommen, die weder optimistisch noch pessimistisch, sondern mit einigen Bildern beantwortet werden, die zeigen, wie sich die „Dritte Natur“ die Landschaft wieder zurückholt. Es entsteht freilich eine andere, aber nach dem vorher Gesehenen und Gelernten nicht bessere Umwelt.
Bergolds Buch über das komplexe, keinesfalls nur regional bedeutendes Thema ist kein die Emotionen anheizendes Protestbuch, sondern bekam durch die straffe Gliederung und eine entsprechende Gestaltung den Charakter eines mit Fotos lakonisch und unaufgeregt argumentierenden Sachbuchs, das einen wichtigen Beitrag zur Frage darstellt, was Fotografie, was Kunst heute noch leisten kann. Wenn man Bergolds Buch mit der 1993 zum selben Thema erschienenen Arbeit Kali von Myriam Vollmershausen* vergleicht, die sich fast ausschließlich mit den seinerzeit (noch) vorhandenen technischen Anlagen der Bergwerke beschäftigte, wird deutlich, wie sich der Anspruch an eine solche Studie inzwischen verändert hat.
- Titel: Terra Salis
- Untertitel:
- Bildautor: Anna Bergold
- Textautor: Anna Bergold
- Herausgeber:
- Gestalter: Milena Albiez
- Verlag: Verlag Kettler
- Verlagsort: Dortmund
- Erscheinungsjahr: 2024
- Sprache: deutsch
- Format: 27 x 23 cm
- Seitenzahl: 216
- Bindung: Illustrierte Broschur
- Preis: 32 Euro
- ISBN: 978-3-98741-165-6