Unser Städtchen soll schöner werden…

Kassel hat wieder ein Stück aus seiner glorreichen 50er-Jahre-Vergangenheit verloren. Öffentliche Proteste blieben praktisch aus, als die Bagger das alte, 1958 errichtete Polizeipräsidium am Altmarkt niederrissen, um einem moderneren Bürokasten Platz zu machen. Mit dem (warum eigentlich?) nicht unter Denkmalschutz stehenden Gebäude ging auch die Kunst am Bau, Mosaike bzw. Wandmalereien von Carl Döbel, verloren.

Der kulturgeschichtlich interessierte Fotograf pitze Eckart jammerte nicht, sondern schlich sich mit seiner Digitalkamera auf die Baustelle, um dem Abbruch wenigstens eine ästhetische Komponente abzugewinnen. Seine Bilder klagen nicht an, sagen aber mehr als tausend Worte: melancholische Innenräume mit wehenden Vorhängen und geborstenen Scheiben, Trümmerkaskaden aus Beton und Stahl und, ganz zum Schluss, die Döbelsche Bauzier. Der heilige Martin aus der Eingangshalle erhält in diesem Zusammenhang eine Rolle als Kasseler Don Quichote, der gegen die fatalen „Sachzwänge“ der Moderne ankämpft. Der Reiter hatte selbstverständlich keine Chance. Das alte Polizeipräsidium ist weg, der riesige Neubau steht schon. Als Trostpflaster bleibt nur Eckarts schnörkellos schlichte, gut gedruckte, traurig schöne Publikation.

Wenige Meter weiter flussabwärts an der Fulda wird sich in Kürze die nächste Bausünde präsentieren: die Ruine des barocken Karlshospitals wird postmodern umgestaltet. Herr Eckart, bitte übernehmen Sie!