Bilderstreit in der Schweiz

Malerische versus neue Fotografie

Bilderstreit_a

Wenn sich heute die Fotografie der Zeit um 1930 als immer modern und avantgardistisch darstellt – also im liebsten scharf, kontrastreich und mit überraschenden Perspektiven – ist das nur die halbe Wahrheit. Denn die bildmäßige, impressionistisch-unscharfe Fotografie herrschte immer noch vor, nicht nur bei den Amateuren, sondern auch bei vielen künstlerischen Profis. Ein Jahrbuch wie das „Deutsche Lichtbild“ bringt in seinen ersten Ausgaben ab 1927 noch jede Menge traditionelles Material – zumindest auf den ersten Blick. Denn auf den zweiten ist in das herkömmliche Gewand aus piktorialistischen Edeldrucken schon längst die Moderne geschlüpft, wofür in Deutschland beispielsweise Hugo Erfurth oder E.O. Hoppé stehen.

Der Schweizerische Werkbund veranstaltete 1932 eine werbende Wanderausstellung, um die „neue fotografie“ zu protegieren. Der Werkbund entdeckte vor kurzem die damals verwendeten Exponate neu und übergab den Bestand an die Sammlung der Fotostiftung Schweiz. Dies gab Anlass, die Bilder mit Beispielen der traditionellen künstlerischen Fotografie zu konfrontieren und das Ganze als Ausstellung „Bilderstreit“ im Winterthurer Fotomuseum zu zeigen. Die Polarisierung wird im Katalog durch eine Gegenüberstellung von ähnlichen Motiven, scharf und modern rechts und malerisch links, verdeutlicht. Dass aber die Haltungen um 1930 eigentlich gar nicht mehr so weit auseinander lagen und dass es sehr wohl möglich war, modern zu fotografieren, ohne auf die traditionelle Technik zu verzichten, zeigt der abschließende Bildteil, in dem beide Richtungen in separaten Strecken vorstellt werden.

Insgesamt ging die „neue fotografie“ als einflussreicher Sieger aus dem damals engagiert ausgefochtenen „Bilderstreit“ hervor; sie waren eben neu, modern und schaffte den Durchbruch. Rückblickend und angesichts der Qualität der vorgestellten Arbeiten – auch aus dem traditionellen Lager – wäre vielleicht ein Unentschieden ein gerechteres Ergebnis gewesen…

  • Titel: Bilderstreit. Durchbruch der Moderne um 1930
  • Untertitel: Aus der Sammlung der Fotostiftung Schweiz und des Schweizerischen Werkbunds
  • Bildautor: diverse
  • Textautor:  Irma Noseda, Martin Gasser
  • Herausgeber: Martin Gasser
  • Gestalter: 
  • Verlag: Limmat Verlag
  • Verlagsort: Zürich
  • Erscheinungsjahr: 2007
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 96
  • Bindung: fadengeheftete Broschur
  • Preis: 24 Euro
  • ISBN: 9783857915437

Kommentarfunktion geschlossen.