Endlich Sommer

Mit dem Sommer ist es ja nie so, wie es sein sollte: zu heiß, zu viel Regen, zu schwül, zu kalt, zu windig. Niemandem kann man es recht machen. Da kommt das Buch „Life in Blue“ von Evžen Sobek genau richtig. Thema ist ein Badesee in Tschechien, das Faulenzen, Campen, Grillen, Angeln. Die Urlauber zeigen sich so souverän wie leicht bekleidet. Die bestimmende Farbe ist Blau. Nicht ein kaltes, nicht ein warmes, nicht ein geheimnisvoll dunkles, sondern ein helles, etwas ausgeblichen wirkendes, sonnendurchflutetes Blau, das auf fast allen Bildtafeln wiederkehrt. Die Wohnwagen und Datschen fügen sich zu seltsamen architektonischen Szenerien, die mit ihren dicken Fischen posierenden Freizeitmenschen hätten keine Chance, auch nur eine Nebenrolle bei Bay Watch zu ergattern. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Die Stimmung ist gut, man braucht gar nicht nach Mallorca oder auf die Malediven zu fahren, um sich zu erholen. Und der Fotograf muss auch nicht nach Werweißwohin reisen, um präzise beobachtete und komponierte Stillleben oder wirklich fotogene Menschen jenseits der Fernsehnorm zu finden, sondern nur nach nebenan. Sobek inszeniert die überraschend leere Freizeitlandschaft mit einer Lockerheit und Gelassenheit, die spürbar von der Stimmung am See inspiriert ist. So gesehen ist das ganze Buch eine gelungene Werbung – wie jede Werbung natürlich eine Fiktion, ein Idealzustand. Aus dem unspektakulären Stausee mit seiner sympatischen Uferbevölkerung macht der Fotograf eine Freizeitlandschaft, die man gerne freiwillig aufsuchen würde (und nicht nur deshalb, weil man nicht reisen kann oder darf). Dem Buch liegt sogar ein Poster bei, auf dem nicht nur die unvermeidlichen Texte und der überflüssige Bildindex abgedruckt sind, sonden das mit seinem surrealen Motiv – zwei Schwäne und ein abgestorbener Baum im Blau der Wasserlandschaft – auch wunderbar als Wandschmuck für muffige Büros geeignet ist mit der immerwährenden Verheißung: So wird der nächste Sommer!