Alles in Ordnung

Der Mensch soll sich die Erde untertan machen. Das geht nicht ohne Verluste ab, die Annehmlichkeiten der Zivilisation fordern ihren Tribut, auch wenn sich die Krone der Schöpfung einmal entspannen möchte. Der Fotograf Andreas Meichsner hat, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben, ein Buch über die Phänomene Urlaub und Freizeit gemacht. Der handliche, wunderbar schnörkellos gestaltete, auf tiefmattes Papier gedruckte, mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2012 in Silber ausgezeichnete Band beinhaltet als Herzstück und Ausgangangspunkt auch das Kapitel „Arkadia“ zu Freizeitaktivitäten während des Daheimbleibens, visualisiert in einer properen holländischen Neubausiedlung. Mit drei Ausnahmen sind alle Bilder von Menschen bevölkert, die irgendetwas machen: baden, tauchen, zusammensitzen, trommeln, sich sonnen, im Garten arbeiten, singen, hin und wieder auch faulenzen. Der Mensch ist halt ein soziales Wesen, permanent in Aktion und bis in die Mußestunden nie zufrieden zu stellen, ein Sachverhalt, der schon den Philosophen Blaise Pascal (1623-1662) nervte, denn nach seiner Beobachtung bestehe das Unglück des Menschen darin, nicht einfach zu Hause bleiben zu können. Meichsners Buch spürt den Strukturen und Stereotypen nach, die sich die Menschheit zum erfolgreichen Verbringen der freien Zeit geschaffen hat: Animatoren, Strandburgen, Diskos, Skilifte, Pools, und selbst der Garten zu Hause muss in spezieller Weise ausgestattet sein, um zu signalisieren: Ich kann auch anders als nur zu arbeiten! Aber fast nie ist man allein und die Bahnen der Selbstverwirklichung fahren auf den immer gleichen Schienen. Nichts entgleist, alles ist in Ordnung, alles ist geregelt. Aber ob das wirklich in Ordnung ist, darf mit dem subtilen Ironiker Meichsner ganz entspannt bezweifelt werden.