Was sagt Kleidung über die individuelle Haltung von Menschen aus? Bildliche Antwort auf diese Frage gibt Barbara Davatz in ihrem Fotobuch „Beauty lies within“, für das sie 82 Frauen und Männer aus 24 Ländern fotografiert hat. Die Porträtierten verbindet einzig ihr gemeinsamer Arbeitgeber: eine global ausgerichtete Modekette, die preisgünstige Textilien offeriert. Die Schweizer Fotografin bittet die Weitgereisten in ihr heimisches Studio, postiert sie vor einem neutralen, grauen Hintergrund und fotografiert in strikter Frontalität. In der ruhigen, stillen Studioatmosphäre präsentieren sich Davaks Modelle in ihrem Alltagsdress – und geben, als Bildlegende vermerkt, ihren Vornamen, Geburtsjahr und Geburtsort preis.
Barbara Davatz hat keine Laufstegschönheiten und keine Stilikonen fotografiert: Die vorwiegend jungen Verkäuferinnen und Verkäufer schwimmen im modischen Mainstream mit. Erst wenn man aufmerksamer vergleicht, zeigt sich hier und da eine zarte, individuelle Ausgestaltung. Doch nie verweigern sich die Modelle gänzlich den Vorgaben der internationalen Modemarken. Ob aus Italien, Brasilien, Japan, Marokko oder Jamaika kommend: die Porträtierten bevorzugen eine jugendliche, körperbetonte Mode. Schmale auf die Hüften geschnittene Jeans werden von den Frauen mit eng anliegenden T-Shirts oder Tops kombiniert; die Männer wählen Hemd und Sakko oder Kapuzenshirt dazu. Das erscheint alles recht konform. Doch wer denkt, Davatz will lediglich auf eine Kritik an der uniformen, globalisierten Modewelt hinaus, die individuelle Unterschiede wie zum Beispiel ethnische Zugehörigkeit nivelliert, liegt falsch.
Denn nimmt man den Bildband ein zweites Mal zur Hand, bleibt man an den Gesichtern hängen, verfängt sich in dem klaren und selbstbewussten Blick. Dieser steht meist in einem merkwürdigen Kontrast zur plumpen Kleiderwahl. Der Betrachter wird neugierig, Fragen tauchen auf: Was bringt die Schweizerin Angela dazu, ihren Hüft- und Bauchspeck mit einem schmal geschnittenen Shirt zu betonen? Warum wählt die die 37-jährige Marilene einen Minirock, der eigentlich Teenagern vorbehalten ist? Davaks Fotos wirken mehr und mehr wie eine Anti-Werbung – der krasse Kontrast zur gelackten Ästhetik und zum Schönheitsideal der Modeindustrie fällt auf. „Beauty lies within“, so erfährt man von Davak im abgedruckten Interview, wird von einer Modekette als Werbebotschaft auf jede Einkaufstüte aufgebracht. Macht allein der gekaufte Tascheninhalt Angela oder Marilene schön? Die Frauen sind subversiv genug, den Slogan zu widerlegen. Pointierter formuliert es Davatz selbst: „Die Schönheit kommt selten aus der Tüte, sondern aus dem Bewusstsein, jemand zu sein“.
- Titel: Beauty lies within
- Untertitel: Porträts aus einer globalisierten Mode-Welt
- Bildautor: Barbara Davatz
- Textautor:
- Herausgeber: Fritz Franz Vogel, Reihe FotoSzene Schweiz, 5
- Gestalter:
- Verlag: Limmat Verlag
- Verlagsort: Zürich
- Erscheinungsjahr: 2007
- Sprache: deutsch
- Format:
- Seitenzahl: 108
- Bindung: illustriertes Hardcover
- Preis: 29,30 Euro
- ISBN: 9783857915307