Kühl, sachlich, präzise

Großer Überblick: Hans-Christian Schink

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Endlich wird Hans-Christian Schink eine Retrospektive gewidmet, zu der ein opulenter und mit kundigen Texten ausgestatteter Katalog erschienen ist. Wie immer gilt: Eine Retrospektive lädt dazu ein, ein Werk nicht nur zu bewundern, sondern einer Sichtung zu unterziehen. Bei Schink, 1961 in Erfurt geboren und schon lange in der 1. Fotografenliga heimisch, lässt sich sagen: Seine aufregendsten Arbeiten sind etwa bis kurz nach der Jahrtausendwende entstanden. Die Rede ist von Serien wie „Wände“ (1995-2003) und „Büro“ (1998) mit ihren feinen Linien und den riesigen, an konstruktivistische Kompositionen erinnernden Farbflächen, die opulent einerseits das Außen, andererseits das Innen, in beiden Fällen die Leere thematisieren. Sein Name verbindet sich indes am meisten mit den „Verkehrsprojekten Deutsche Einheit“ und „Autobahn“. Beide Werkgruppen dokumentierten seit 1995 monumental, kühl und sachlich präzise die Veränderung der deutschen Landschaften nach der Wiedervereinigung. „Fläming“ (1997) zeigte dann traurige alte Siedlungen der einstigen DDR, die aussehen als seien sie vor dem Exodus noch einmal extra für den Fotografen herausgeputzt worden. Ähnlich „Rötha“ (2000): Hier thematisierte Schink mit implizitem Humor den zeitlosen Eigenheimwahnsinn zwischen Spießertum und Peinlichkeit.

Durch strenge Bildausschnitte, gleichmäßige Ausleuchtung und weitgehende Schattenlosigkeit steigerte Schink banale Sujets ins Übergroße. Diesem Konzept blieb er auch in der Reisefotografie des vergangenen Jahrzehnts treu, aber das Aufregende der früheren Serien ist irgendwie weg. Vielleicht hat Schink das gemerkt. So markieren dann die Serien „L.A.“ und „1h“ einen ästhetischen Bruch, indem er sich auf ganz unterschiedliche Weise mit den Phänomenen Licht und Zeit und den Möglichkeiten der Fotografie überhaupt auseinandersetzte. Vielleicht verlegt sich Schink überhaupt mehr aufs Experimentelle, auf theoretische und medienspezifische Fragestellungen? Bleibt abzuwarten, ob das letztlich zu einer unverwechselbaren Bildsprache führt.

  • Titel: Hans-Christian Schink
  • Untertitel: 
  • Bildautor: Hans-Christian Schink
  • Textautor: Ulrike Bestgen, Matthias Flügge, T. O. Immisch, Sisse Laene Markvardine Kirkegaard, Antje Rávic Strubel, Kai-Uwe Schierz, Phil Taylor, Thomas Weski, Interview mit dem Künstler von Simone Förster
  • Herausgeber: Ulrike Bestgen, Simone Förster, Wolfgang Holler, Walter Smerling
  • Gestalter: 
  • Verlag: Hatje Cantz
  • Verlagsort: Ostfildern
  • Erscheinungsjahr: 2011
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 180
  • Bindung: Leinen, Schutzumschlag
  • Preis: 49,80 Euro
  • ISBN: 978-3-7757-2826-3

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