Lonely Places in Licht und Schatten

Gregory Crewdson ist für seine Inszenierungen bekannt, die den Traum der amerikanischen Mittelklasse zu Alpträumen werden lassen. Adrette Holzhäuschen mit den typischen Veranden werden im beginnenden Zerfall gezeigt, die erstarrten Bewohner stehen oder sitzen irgendwo herum, sind teilnahmslos und apathisch Teil der Szenerie, aber können nicht eingreifen. Der Künstler selbst spannt in einem in seinem neuen Buch enthaltenen Text den kunstgeschichtlichen Bezugsrahmen auf, der sich natürlich zwischen Edward Hopper und David Lynch erstreckt. Bei neueren Arbeiten von Crewdson haben anonyme Architekten die Inszenierung übernommen, denn die schwarzweißen Fotos entstanden in verlassenen Kulissen römischer Filmstudios. Good old Europe ist also auch in Agonie verfallen und man darf an Piranesis „Carceri” denken, die Crewdson mit den Mitteln einer hier fast dokumentarischen Fotografie auf den neusten Stand bringt. Am Ende des Buches wird es dann im dritten Bildteil heiter, ohne den morbiden Boden zu verlassen, denn Crewdson präsentiert hier eine Serie über den Tanz von Glühwürmchen, den er in der Dämmerung aufgenommen hat. Dieses Mal hat also die die Natur selbst die Inszenierung übernommen und Crewdson brauchte „nur“ noch auf den Auslöser zu drücken. Licht hat ja nicht nur mit dem Paarungsritual von Leuchtkäfern, sondern auch etwas mit Fotografie zu tun…

Das im Gewand eines Poesiealbums daherkommende Buch beginnt mit durchkomponierten Szenenbildern, handelt von Filmkulissen und endet mit einer Studie über das Funktion des Lichts. Crewdson Bildfindungen mögen opulent oder auch kulturkritisch sein, das Buch zeigt, dass sie auch als Reflexion über das Wesen der Fotografie angelegt sind.