Nackte mit Profil

Die ursprüngliche Domäne des Pinups ist der Kalender. Und der klassische Nackt- oder Aktkalender (je nach Sichtweise) ist der vom italienischen Reifenhersteller Pirelli. Beim Pirelli-Kalender stand von Anfang an fest, dass der nackte Damenleib durch Kunst geadelt werden sollte. Nur die besten Fotokünstler wurden dafür in den vergangenen 42 Jahren engagiert, wovon man sich in dem im Verlag Schirmer/Mosel erschienen opulenten Bildband überzeugen kann: Richard Avedon, Annie Leibowitz, Peter Lindbergh, Herb Ritts, Nick Knight, Uwe Ommer – um nur einige zu nennen.

Der unbedingte Wille zur Kunst kann einem unbedingt auf die Nerven gehen und wirkt bisweilen gar unfreiwillig komisch. Etwa wenn Clive Arrowsmith seine Models 1984 als chinesische Tierkreiszeichen drapiert über Geröllhaufen stolzieren lässt und sie 1991 als barbusige Heroinen vor die Kamera schickt. Arthur Elgorts sportgestählte Nackte im Leni-Riefenstahl-Look (1990) sind ebenfalls schwer erträglich. Allerdings sind Annie Leibowitz’ klassisch anmutende Frauen-Torsi und Peter Lindberghs Film-Inszenierungen große Fotokunst.

Die ganze qualitative Bandbreite des Aktfotos ist hier also zu sehen, ausgenommen natürlich das Schmuddelige, Derbe, Obszöne, Direkte, das den Sexheftchen – und heute dem Internet – vorbehalten bleibt und an den Wänden einer ordentlichen Autowerkstatt ohnehin nichts zu suchen hat. Was Reifen und Frauen miteinander gemeinsam haben? Das Profil! Besser, das Pirelli-Profil. Hier kann man es sehen.