Alles anders (oder auch nicht)

Kontinuität in der Ruhrgebietsfotografie

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Das Ruhrgebiet hat ein Jahr der erhöhten Aufmerksamkeit als Kulturhauptstadt hinter sich. Mit zu den Hauptattraktionen gehörten die Neu-Eröffnungen der Museen in Essen: das Museum Folkwang erweitert, das Ruhr Museum an einen neuen Standort in der Kohlenwäsche des Weltkulturerbes Zeche Zollverein gewechselt. Das Baudenkmal als solches blieb auch nach dem Umbau der Bunker und technischen Anlagen erhalten, man meint gar, die Kohle und das Maschinenöl noch zu riechen. In die Betonschächte der Kohlenbunker wurde nicht nur ein eindrucksvoll illuminiertes Treppenhaus eingebaut, sondern auch ein Teil der Sonderausstellungsflächen des Ruhr Museums. Die dort eingerichtete, labyrinthische Präsentation „Alles wieder anders“ widmete sich dem Strukturwandel im Revier und wurde überwiegend aus den im Bildarchiv ruhenden Beständen des Hauses bestückt. Viele der Fotografien waren erstmals zu sehen, so die beiden „Zeitschnitte“ mit lakonischen, frisch und modern wirkenden Farbaufnahmen von Wendelin Bottländer (1978 und 1987) und den Triptychen von Wolf Schöne mit dreimal den selben Motiven, aufgenommen im Abstand von vier Jahren zwischen 1966 und 1974. Neben solchen Entdeckungen gab es aber auch ein Wiedersehen mit Arbeiten, wie sie schon in früheren Ausstellungen bzw. deren Katalogen zu finden waren. Die Kontinuität der „sprechenden“ Buch und Ausstellungstitel macht aus einzelnen Projekten zur Ruhrgebietsfotografie eine veritable Reihe, die zeigt, wie gut der Ballungsraum fotografisch erschlossen und erforscht ist: Wie lebt man im Ruhrgebiet (1982), Endlich so wie überall? (1987), Ausbeute (1989), Bildberichte (1995), „Schön ist es auch anderswo…“ (1999), Schwarzweiß und Farbe (2000), Ruhrblicke (2010) und zuletzt Alles wieder anders (2010).

Die Ausstellung und der dicke Katalog über das „Anders“ leiden am Zuviel. Die Auswahl hätte straffer sein können, die Präsentationen übersichtlicher. War das so gewollt? So wie das Ruhrgebiet immer noch vollgestopft ist mit Siedlungen, Häusern, Fabriken und Straßen, so sollten auch Ausstellung und Katalog üppig mit Bildern bestückt sein? Sollte es nicht eigentlich um den Wandel dieser Strukturen gehen und nicht um ein Bestätigen von Vorurteilen? Oder war der Wandel nicht so gravierend? Warten wir also auf die nächste Ausstellung in 10 Jahren. Vielleicht war die jetzt gebotene Fülle ein Nebeneffekt des Kulturhauptstadt-Events. Wer weiß, wie spartanisch die nächsten Fotoprojekte werden aussehen müssen…

  • Titel: Alles wieder anders
  • Untertitel: Fotografien aus der Zeit des Strukturwandels
  • Bildautor: 
  • Textautor: 
  • Herausgeber: Sigrid Schneider
  • Gestalter: 
  • Verlag: Hatje Cantz
  • Verlagsort: Ostfildern
  • Erscheinungsjahr: 2010
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 448
  • Bindung: Hardcover, Schutzumschlag
  • Preis: 39,80 Euro
  • ISBN: 978-3-7757-2752

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