Landschaften mit Tod

Aus der distanzierten Perspektive des Beobachters nahmen die dänischen Fotokünstler Nikolai Howalt und Trine Sondergaard seit Jahren an Jagdausflügen teil. Geschossen wurde überwiegend auf Vögel. Das Wetter war selten einmal gut, aber gut ist für einen Jäger relativ, weil sich das Wild offenbar bei Nebel, Schnee und graue Wolken besser aufspüren lässt als bei strahlendem Sonnenschein. Außerdem heben sich Jäger und Beute auf einem Foto vor hellem Hintergrund besser ab als vor den satten Grüntönen eines Sommerwaldes. Das Jagen als Akt des Tötens nicht aus Gründen der Nahrungssuche, sondern zum Zeitvertreib evoziert bei allen Tierfreunden von vornherein eine melancholische Stimmung, wie sie auf den Fotos ohnehin vorherrscht. Jäger, Treiber, Hunde, Hirsche, Enten, Gänse, Fasane sind recht malerisch in der Landschaft verteilt, was bedeutet, dass man mannigfache Querverbindungen zur Landschaftsmalerei oder zum Jagdstillleben, mithin zur kunstgeschichtlichen Tradition ziehen könnte.

Dem großen und vermutlich die Serie abschließenden Buch ging eine gleichnamige kleinformatige Veröffentlichung im Jahre 2005 voraus; parallel erschien ein weiteres kleines Künstlerbuch (Dying Birds). Das in Zusammenarbeit eines dänischen, international kaum vertretenen Verlages und eines deutschen Global Players entstandene, perfekt gedruckte, mit einem breiten olivgrünen Leinenrücken wunderbar in der Hand liegende und zurückhaltend gestaltete Buch überrascht mit Tafeln zum Ausklappen, die den Einzelbildern und Doppelseiten zwei Triptychen hinzufügt, ein weiterer Verweis auf die Kunstgeschichte. Optisch und haptisch unterbricht ein achtseitiges Insert auf handschmeichlerisch weichem, mattem Papier die farbige Bildstrecke. Schemenhaft sind in den flüchtigen Schwarzweißimpressionen abstürzende Vögel zu erkennen. Die Jäger werden aus der Distanz gezeigt, die Opfer aus der Nähe: damit bleibt nicht offen, wem die Sympathien der Künstler gelten.