Als Fotografenmeister in der Provinz

Dietmar Riemanns Monografie über Karl Spieß (1891-1945)

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Der Name des Fotografen Karl Spieß dürfte selbst in Fachkreisen unbekannt sein. Vielleicht ändert sich das jetzt ein wenig, denn es ist ein Bildband zu Werk und Leben des Atelierbesitzers aus Hartha (Sachsen) erschienen. Herausgeber und Textautor ist der Fotograf Dietmar Riemann, der über seinen Vater, der den Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg übernommen hatte, mit der Familie Spieß verbunden ist. Zudem hat Riemann jun. einen Teil des Nachlasses von Spieß gerettet und bei seiner Ausreise aus der DDR mit in die BRD genommen – es muss ihm also eine Herzensangelegenheit gewesen sein, diese Bilder zu bewahren. Riemann hat immer wieder Erinnerungen und eigene Erlebnisse in seinen Text eingeflochten.

Spieß war einer der typischen Allrounder – Porträts vor gemalten Kulissen im Atelier konnte er ebenso bieten wie Außenaufnahmen mit einem weiten Spektrum zwischen Architektur, Stillleben oder Reportage. Er lieferte alles, wofür er beauftragt wurde, was sein Nachfolger Riemann sen. trotz der widrigen Umstände in der DDR bis zu seiner Rente als Selbstständiger fortsetzen konnte, was keine alltägliche Leistung war.

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Das Buch präsentiert in prima Druckqualität und in nüchternem Layout einen Querschnitt aus dem Schaffen des Fotografen Spieß. Bilderläuterungen oder Datierungen sucht man vergebens, für den Herausgeber zählt nur die gestalterische Qualität und/oder die zeitgeschichtliche Besonderheit der Sujets. Man spürt, wie Spieß um die Gestaltung rang; sperrige Kameras mit großen Glasplatten-Negativen waren zu bewegen und einzusetzen, jeder Fehlversuch kostete Zeit und Geld. Die Zufriedenheit der Kunden war schließlich der entscheidende Maßstab. So arbeiteten seinerzeit Dutzende von versierten Fotografen, einige von ihnen gelangten über Ausstellungen und den Kontakt zur Kunstszene zu Berühmtheit wie Hugo Erfurth oder August Sander. Riemanns Buch zeigt, welches hohe Niveau die Fotografenmeister seinerzeit erreichen konnten, aber auch die Stereotypen dieses Berufs, denn solche Bilder entstanden nicht nur in Hartha, sondern auch in Eschwege, Kassel, Dresden, Köln und anderswo.

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Der Text ist komplett zweisprachig in Deutsch und Englisch abgedruckt. In Kanada, wo noch Nachkommen seines nach dort ausgewanderten und als Kameramann bekannt gewordenen Sohnes Fritz Spieß (1925-1998) leben, ist das Interesse an der Fotografenfamilie hoch. Es darf allerdings gefragt werden, ob es einer zusätzlichen„Vorzugsausgabe“ mit einem (nicht zufällig!) an Sanders „Stil“ erinnernden, (von wem?) signierten Motiv (als lose Beilage, aber in welcher Aufmachung, in welcher Stückzahl und in welcher Technik?) bedurft hätte. Immerhin ist diese direkt beim Verlag erhältliche  „Vorzugsausgabe“ deutlich preiswerter als die von Enkeln und Urenkeln produzierten Nachauflagen von Sanders Motiven, die keinem ernsthaften Interessenten zum Erwerb empfohlen werden können, solange Sanders Meisterwerk, das Buch „Antlitz der Zeit“, im Original von 1929 deutlich billiger zu bekommen ist als ein einziger dieser lange nach den Aufnahmen entstandenen Abzüge (vgl. HNA Kassel vom 22.9.2017).

Spieß_Vorzugsausgabe

 

  • Titel: Karl Spieß 1891 – 1945
  • Untertitel: Ein sächsischer Lichtbildner und seine Fotografien – A Saxon Light Artist and His Photographs
  • Bildautor: Karl Spieß
  • Textautor: Dietmar Riemann
  • Herausgeber: Dietmar Riemann
  • Gestalter: 
  • Verlag: Mitteldeutscher Verlag
  • Verlagsort: Halle
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: deutsch, englisch
  • Format: 27,5  ×  27,5  cm
  • Seitenzahl: 113
  • Bindung: illustriertes Hardcover
  • Preis: 29,95 Euro; Vorzugsausgabe 120 Euro
  • ISBN: 978-3-95462-904-6

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