Autobahnen und Eisenbahnlinien zerschneiden die Landschaft, auf dass Menschen und Güter schnell voran kommen. Selten wurden dieser Eingriff so deutlich wie im Fotobuch The Architecture of Transit, das die britische Fotografin Sue Barr denjenigen Orten gewidmet hat, an denen Brücken reißende Gebirgsbäche, vorhandene Gebäude oder gar ältere Brücken überspannen.
Die Fotografin war nur in Italien unterwegs und hat dort genug Beispiele gefunden, die einerseits dafür sprechen, dass die Planer nicht alles abreißen und planieren, was ihnen im Wege steht, anderseits den Anwohnern neuer Trassen zum Wohle des Transits einiges zugemutet wird. Zu Zeiten des anschwellenden Warenverkehrs und der (noch) weiter zunehmenden Mobilität wirkt das Buch über die kühnen, kalten, brutalistischen Ingenieurbauten wie ein Menetekel. Während früher schmale, niedrige Brückengewölbe über Bäche, Flüsse und Wege ausreichten, sind heute die Dimensionen aus dem Lot geraten. Bilder könnten in Genua vor dem Einsturz der Ponte Morandi entstanden sein, wo im vorigen Jahr Menschenleben zu beklagen waren. Italienische Verhältnisse? Nicht nur; Barrs Fotos zeigen zwar konkrete Situationen, weisen aber darüber hinaus.
Das sachlich und wohltuend zurückhaltend gestaltete, mit einem betongrauen Einband versehene Buch ist in seinen landschaftlichen und architektonischen Motiven so eindrucksvoll wie schaurig und aktualisiert den Begriff des erhabenen Schreckens in unterhaltsam kritischer Weise.
- Titel: The Architecture of Transit
- Untertitel: Searching for the Sublime in Motorway Architecture between the Alps and Naples
- Bildautor: Sue Barr
- Textautor: David Heathcote, Davide Papotti
- Herausgeber:
- Gestalter: Daly & Lyon
- Verlag: Hartmann Books
- Verlagsort: Stuttgart
- Erscheinungsjahr: 2019
- Sprache: deutsch, englisch, italienisch
- Format: 27 x 21,7 cm
- Seitenzahl: nicht paginiert (104)
- Bindung: illustriertes Hardcover
- Preis: 34 Euro (Vorzugsausgabe, Auflage 20, 380 Euro)
- ISBN: 978-3-96070-027-2