Was aus dem Römischen Reich geworden ist, ist aus den Geschichtsbüchern bekannt. Aber wie sehen die Bauten der Römer heute aus? Der österreichische Fotograf Alfred Seiland (* 1952) suchte Stätten auf, an denen noch derartige Relikte zu sehen sind. Welch großen Radius er dabei berücksichtigen musste, zeigt eine Karte, die Seilands neuem Buch beigeben ist. Man kann sich vorstellen, welche Probleme zum Beispiel im krisengeschüttelten Nahen Osten zu bewältigen waren. Die im Rahmen des Großprojektes an den historischen Stätten entstandenen Fotos sind wohl kaum für Archäologen oder Kunsthistoriker zu gebrauchen, denn Seiland ging es vor allem darum, die Denkmale in ihrer heutigen Einbettung in die landschaftliche oder urbane Topographie zu zeigen. Andenkenstände, Parkplätze, Touristengruppen – so präsentieren sich die Objekte heute nun mal. Zudem sind auch einige Museumsinstallationen dabei oder gar „neorömische“ Motive wie ein Casino in Las Vegas oder Kulissenarchitekturen in Freizeitparks.
Die Bilder fallen durch eine eigenartige, verhaltene Farbigkeit auf, die oft an alte Farbdrucke, zuweilen sogar an brauntonige historische Schwarzweißfotos (siehe das Titelbild) erinnern. Dass Seiland analog und im Großformat fotografierte, wird zwar als Besonderheit herausgestellt, aber die Farbsteuerung erfolgte schließlich doch in der digitalen Druckvorstufe. Aber die vor Ort eingesetzte traditionelle, umständlichere Technik zwingt den Fotografen zur Konzentration auf das Wesentliche: Motivauswahl, Standpunkt, Aufnahmezeitpunkt, Ausschnitt etc. Das zu beachten sollte auch bei Digitalfotos selbstverständlich sein, ist es aber oft nicht: es kostet ja nichts, statt einem Bild gleich zehn Varianten aufzunehmen. Der im Umgang mit der Farbfotografie seit langem erfahrene Seiland kommt gleich auf den Punkt und schon sein vorläufiges Fazit, die Zusammenstellung der Arbeiten zu einem ersten Buch, wirkt wie aus einem Guss. Die Bildstrecke ist schnörkellos und unaufwändig gestaltet: links in dezentem Dunkelgrau die knappen, informativen Bilderläuterungen in Deutsch und Englisch, rechts die Fotos. Wer sich die 55 detailreichen Bilder in größerem Format ansehen möchte, hat dazu noch in einer Ausstellung die Gelegenheit, die auf eine erst 2015 endende Tournee ging. Oder man wartet auf das vom Verlag schon angekündigte „Opus Magnum“ als schwergewichtige und großformatig gedruckte Coffee-Table-Version mit ca. 250 Abbildungen. So gesehen bietet das vorliegende bescheidene „Opus Extractum“ nur einen Vorgeschmack auf das definitive Werk, das den Ruinen des Römischen Weltreichs auch in der äußeren Form ein passendes Denkmal setzen und Seilands Großprojekt adäquat abschließen wird.
- Titel: Imperium Romanum
- Untertitel: Opus Extractum
- Bildautor: Alfred Seiland
- Textautor: Marcus Trier, Bildlegenden Friederike Naumann-Steckner und Hans Beck
- Herausgeber:
- Gestalter: Andreas Platzgummer
- Verlag: Hatje Cantz
- Verlagsort: Ostfildern
- Erscheinungsjahr: 2013
- Sprache: deutsch, englisch
- Format: 24,5 x 29,5 cm
- Seitenzahl: 144
- Bindung: illustriertes Hardcover
- Preis: 29,80 Euro
- ISBN: 978-3-7757-3699-2