Die Frau mit den vielen Gesichtern

Das Buch zur Cindy-Sherman-Retrospektive in New York

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Ihr wahres Gesicht zeigt sie nicht, dafür aber die zahlreichen Facetten menschlicher Stereotypen, denen wir täglich begegnen. Cindy Sherman (*1954), die Meisterin des Rollenspiels, schuf in den letzten drei Jahrzehnten ein bedeutendes Werk. Jetzt ist ihre umfangreiche Arbeit noch bis zum 11. Juni in einer großen Einzelausstellung im New Yorker MoMa zu sehen.

Der Katalog, der anlässlich der Ausstellung erscheint, zeichnet ein eindrucksvolles Bild ihrer Arbeit und ist ein gelungener Ersatz für alle, die nicht mal kurz über den Ozean fliegen können. Die deutschsprachige Ausgabe erschien im Januar 2012 bei Schirmer/Mosel und entspricht der amerikanischen Veröffentlichung der MoMa Publications. Sie zeigt die bedeutendsten Werke der Künstlerin überwiegend in ganzseitigen Farbtafeln: von den Untitled Film Stills, frühen Schwarzweiß-Fotografien, mit denen ihr der Durchbruch gelang, bis hin zu ihren jüngsten Arbeiten, tapetenartigen Wandbildern mit exzentrischen Figuren, die im Raum zu schweben scheinen.

Dem Bildteil des Buches vorangestellt sind zwei Essays der Ausstellungskuratorin Eva Respini und der Kunstkritikerin Johanna Burton sowie ein Interview mit dem Filmemacher und Schauspieler John Waters. Mit zahlreichen Abbildungen versehen stellen die Texte umfassende Bezüge zur Kunst- und Fotografiegeschichte her – von Claude Cahun über Sherrie Levine bis hin zu Jeff Koons. Die einzelnen Werkgruppen Shermans werden jeweils geschlossen präsentiert und mit dem vergrößerten Ausschnitt eines Bildes eingeleitet. Besonders interessant sind dazwischen gesetzte sechs- bis achtseitige Kapitel, in denen Fotografien aus verschiednen Serien kombiniert werden. Auf die Anziehpuppen von 1975 folgen beispielsweise alternde Society-Ladies von 2008, die wiederum einem History Portrait (1990) gegenüber stehen. In diesen Einschüben greift die Monographie Eva Respinis Ausstellungskonzept einer nicht traditionell chronologisch organisierten Retrospektive auf. Das alles umfassende Thema Identität wird innerhalb des Werkes überprüft und in erweiterte Sinnzusammenhänge gestellt.

Veröffentlichungen dieser Künstlerin existieren en masse. Es stellt sich also die Frage, ob es wirklich einen weiteren Katalog braucht. Ich finde ja, denn dieser versammelt retrospektive ihre Arbeiten aus über 30 Jahren auf gelungene Weise. Der Blick auf das Werk unterscheidet sich von dem vieler anderer monographischer Publikationen der Künstlerin, die sich auf die Darstellung eines oder weniger Werkzyklen beschränken: z.B. Cindy Sherman: History Portraits und Cindy Sherman: Clowns, die Schirmer/Mosel aus aktuellem Anlass auch gleich neu aufgelegt hat.

  • Titel: Cindy Sherman
  • Untertitel: 
  • Bildautor: Cindy Sherman
  • Textautor: Eva Respini, Johanna Burton, John Waters
  • Herausgeber: The Museum of Modern Art, New York
  • Gestalter: Beverly Joel, pulp, ink.
  • Verlag: Schirmer/Mosel
  • Verlagsort: München
  • Erscheinungsjahr: 2012
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 264
  • Bindung: Leinen, illustrierter Schutzumschlag
  • Preis: 58 Euro
  • ISBN: 978-3-8296-0567-0

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