Ein Fotobuch ist kein Kalender

Horst Hamanns neuer Bildband „America“ enttäuscht durch langweiliges Layout

Hamann_Cover

Horst Hamann wurde dadurch bekannt, dass er in den Häuserschluchten New Yorks seine Panoramakamera senkrecht hielt, um so die schwindelerregenden Vertikalen der Metropole auf ungewöhnliche Weise festzuhalten. Der 1996 erschienene Bildband New York vertical unterstrich die kühnen Perspektiven durch sein prägnantes Layout, indem er bei 50 Zentimetern Höhe und 22 Zentimetern Breite selbst an einen Wolkenkratzer erinnerte. In seinem neuesten Bildband bleibt Hamann seinem Gegenstand – „America“ (so auch der Titel) – treu. Allerdings interessiert ihn nicht mehr die Enge der Millionenstädte, sondern die vertikale Weite der unermesslichen Landschaften (es gibt allerdings auch zwei Innenaufnahmen, von denen die zweite hier gar nichts zu suchen hat: ein Schnellrestaurant-Stilleben und einen Blick in die Börse – Gursky lässt grüßen…).

Hamann folgt dem uramerikanischen Mythos des rastlosen Tramps, der sich auf endlosen Highways treiben lässt und dort kurz verweilt, wo es ihm gerade gefällt bzw. wo er ein Motiv findet. Ein Flaneur in großem Maßstab also. So ist auch sein Buch aufgebaut. Die Bilder folgen keiner erkennbaren räumlichen Ordnung, keiner Chronologie, keiner Themenabfolge. Tiefe Horizonte mit Straßen, die sich im Nichts zu verlieren scheinen, grandiose Landschaften einerseits – Vorstadtödnis und dem Verfall preisgegebene Holzhäuser andererseits. Bildfüllende Architekturausschnitte, und immer wieder Autos, die sich bisweilen übers ganze Bild erstrecken. Es ist ein melancholisch stimmendes, abgewirtschaftetes Amerika, und Hamann ist nicht der erste, der das fotografiert. Der Sehschlitz wird verengt, um alles in ganzer Ausdehnung erfassen zu können: Panoramafotografie!

Die Gestaltung orientiert sich am Prinzip der Ausstellung zwischen Buchdeckeln. Alle Bilder sind gleich groß auf der Mitte der rechten Aufschlagseite platziert, die linke Seite bleibt weiß. Das wirkt, je weiter man blättert, zunehmend uninspiriert und mutlos und wird schnell langweilig. Man hätte aus den beeindruckenden Aufnahmen mehr herausholen können, viel mehr. Warum nicht wenigstens einige formatfüllend über zwei Seiten? Warum keine gestalteten Doppelseiten mit einander ergänzenden oder kontrastierenden Motiven? Es verwundert nicht, dass der auf Panorama-Kalender spezialisierte Verlag denn auch zwölf Motive dieser Serie in ähnlicher Aufmachung in Cross-publishing-Manier als Kalender herausgibt. Aber: Ein Fotobuch ist ein Fotobuch und ein Kalender ist ein Kalender.

  • Titel: America
  • Untertitel: 
  • Bildautor: Horst Hamann
  • Textautor: Roger Willemsen, Thomas C. Breuer, Horst Hamann
  • Herausgeber: 
  • Gestalter: 
  • Verlag: Edition Panorama
  • Verlagsort: Mannheim
  • Erscheinungsjahr: 
  • Sprache: deutsch, englisch
  • Format: 27 x 40 cm
  • Seitenzahl: 160
  • Bindung: Leinen mit montierter Abb.
  • Preis: 68 Euro
  • ISBN: 9783898234559

Kommentarfunktion geschlossen.