Etwas fehlt, aber was?

Ein dickes Buch, das Etwas fehlt heißt, spielt mit Erwartungen. Der Schweizer Künstler Alex Hanimann (* 1955) arbeitet mit Zeichnungen, Installationen, Skulpturen und nicht zuletzt mit Fotos, die er hier in einem Atlas der Möglichkeiten präsentiert. Die 3024 Motive könnten als Vorlagen oder Ingredienzien für spätere Werke vorkommen. Das Interesse Hanimanns an Tieren, Menschen und Strukturen, um die auffälligsten Sujets zu nennen, ist evident. Jede Seite in seinem Künstlerbuch enthält maximal neun Fotos, die in immer gleicher Größe mal als Hoch-, mal als Querformat präsentiert werden. Das Grundraster wird durchgehalten, aber jede Doppelseite füllt es in einer anderen Konstellation aus. Eine Zeile Fließtext (von Rolf Hengesbach) findet sich am unteren Bildrand, um den ganzen Text zu lesen, muss man 80mal umblättern… Ob die Bilder in chronologischer Reihenfolge ihrer Aufnahmedaten stehen, wie man dort lesen kann, ist eigentlich egal, da es keine zufälligen Motive gibt. Immer hatte der Künstler ein Interesse an ihnen und hätte ansonsten das Foto gar nicht gemacht. Häufig sind ganze Aufnahmeserien, darunter auch solche von Fotomodellen im Studio vor weißem Hintergund. Hanimann steht mit diesen Tableaus sowohl in der Tradition von Vorlagenwerken für Maler, wie sie beispielsweise von Tieren oder Landschaftsdetails imUmlauf waren, als auch in der Reihe von Büchern wie Gerhard Richters berühmten Atlas, einer Sammlung von Skizzen und Studien.

Was fehlt nun bei Hanimann? Vielleicht hin und wieder eine Unterbrechung des gleichförmigen Bilderstroms – mehr von solchen Motiven wie dem auf dem Schutzumschlag und auch so groß wie dort.

Nicht von Hanimann: Vorlagenwerk mit Lichtdrucktafeln (Matériaux & Documents d´Art Décoratif: Recueil de 470 Animaux & Oiseaux d´aprés Nature, Paris: Armand Guérinet, o. J. [um 1910])