Hommage an das alte Buch

Der Film „The Booksellers“ von D. W. Young kommt in die Kinos

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Leider völlig unpassend zum Filmstart des abendfüllenden Dokumentarfilms The Booksellers beendet nun der neue Lockdown schon wieder die Möglichkeit, sich diesen Film zeitnah im Kino ansehen zu können. Der Film kommt aus den USA und ist englischsprachig mit Untertiteln. Bei dem Thema kein Wunder, dass sich der Verband Deutscher Antiquare schon vorab in einer Online-Veranstaltung empfehlend mit dem Streifen beschäftigt hat… Dies einschränkend vorweg: Um Fotobücher geht es in The Booksellers nicht.

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Der Film handelt von alten Büchern, vom Handeln und Sammeln. Es kommen Antiquare und Sammler zu Wort, zu sehen gibt es Szenen von Messen und Hochregallagern, aus Bibliotheken und privaten Sammlungen, von Ankäufen bei Haushaltsauflösungen und Verkäufen auf Auktionen und natürlich aus traditionsreichen Buchläden in den USA und in Großbritannien. Lustvoll werden Vorurteile sowohl bestätigt als auch widerlegt (Antiquariate sind verstaubt, Antiquare sind verschroben und tragen Sakkos aus Tweed, Frauen führen keine Antiquariate und Sammeln nicht, das Internet macht den Traditionen den Garaus, junge Leute interessieren sich nicht für Bücher, antiquarische Raritäten taugen nicht als Statussymbole…). Eine Augenweide sind die offenbar mit Raritäten vollgestopften Regalreihen in oft seit Generationen bestehenden Geschäften. Vorgestellt werden deren Inhaber und Inhaberinnen, allesamt hochspezialisierte Individualisten.

Das Buch ist sowohl Kulturgut als auch Handelsware, eine Ambivalenz, die es zum Beispiel mit Kunstwerken teilt, aber, so lernt man im Film, Bücher sind ja im Gegensatz zu einem Gemälde Multiples, die also durchaus in mehreren Sammlungen vorkommen können. Dies freilich in unterschiedlichen Zuständen oder Ausgaben, die dann die oft beträchtlichen Preisunterschiede erklären. Soweit, so traditionell. Denn der Film ist in liebenswürdiger Weise altmodisch – der Antiquar wird als bester Freund des Sammlers geschildert, der dabei hilft, eine Sammlung aufzubauen.

Gibt es diese heile Welt wirklich noch? Aus eigener Praxis freue ich mich über jeden gedruckten Katalog, auf jede persönliche Empfehlung, über jedes auf meine Interessen zugeschnittene individuelle Angebot – aber derartiges kommt wirklich nur noch sehr, sehr selten vor. Reisen, um in schönen Läden zu stöbern? Antiquariatsmessen besuchen? Alles mit Aufwand und Kosten verbunden, für mich als sammelnden Schreiber auch nicht nötig, denn ich kann bequem von zuhause aus suchen und bestellen – und das für die Reisen gesparte Geld für Bücher ausgeben. In diesem mit dem Haiffischbecken namens Internet aufkommenden, nicht mehr so gemächlichen und (trotz aller Suchmaschinen) total unübersichtlichen Segment des Marktes geht man unter, wenn man sich nicht selbst mindestens so gut auskennt wie die Anbieter. Das mag manche Traditionshändler und ihre assoziierte Kundschaft zum Verzweifeln bringen, andere haben kein Problem damit. Wichtigste Lehre, die man aus dem Film ziehen kann: man braucht sowohl auf der Seite der Anbieter als auch auf der Kunden Leidenschaft. Im besten Fall wird daraus ein Geschäft, wovon beide Seiten profitieren. Der Film thematisiert schließlich noch die wichtige Frage, was aus Sammlungen nach dem Ende der Sammelnden passiert – die Händler und Auktionshäuser freuen sich, wenn die Ware wieder in den Kreislauf zurückfließt.

Die Inhaberinnen des Argosy Bookstores

Die Inhaberinnen des Argosy Bookstores

Fran Lebowitz

Fran Lebowitz

Der eher assoziativ durch seinen Stoff mäandernde als straff gegliederte Film wird von einem eigens komponierten und deshalb perfekt zum Sujet passenden Modern-Jazz-Soundtrack zusammengehalten. Die in der Szene prominenten Protagonisten und ihre Läden werden überraschenderweise nicht namentlich eingeführt und vorgestellt, sondern nur im Abspann aufgelistet. Dies betrifft auch die fachkundige Autorin Fran Lebowitz, die durch ihren trockenen Humor auffällt.

Ich habe mich am Ende gefragt, ob ich nicht schon bei dem einen oder der anderen etwas bestellt habe – vermutlich nicht, denn das Thema Fotobuch kam nicht vor; keine der agierenden Personen ist darauf spezialisiert. Die Rede war von Erstausgaben, Einbänden, Kinderbüchern oder Jahrhunderte alten Drucksachen. Dennoch möchte ich diesen Film empfehlen als ein unterhaltsames Dokument über das Sammeln allgemein und über eine sehr speziellen Sparte von Kultur, die derzeit im Wandel ist, aber niemals untergehen wird.

alle Fotos: Pressefotos des Verleihs

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The Booksellers – Aus Liebe zum Buch

Film von D. W. Young

USA 2019

99 Min, Original mit deutschen Untertiteln

Kinostart: 29. Oktober 2020

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