Im Licht des Südens

Die Geschichte der Fotobücher aus und über Italien ist noch nicht geschrieben, aber wenn das irgendwann einmal geschehen sollte, müsste dieser Band unbedingt dabei sein. Er präsentiert als Erstveröffentlichung Fotos, die der noch unbekannte Thomas Hoepker (* 1936) in jungen Jahren in Italien aufgenommen hat. Zwischen 1956 und 1959 war der damalige Student und Hobbyfotograf mehrmals in Italien unterwegs, war offenbar überwältigt von seinen Eindrücken und belichtete rauschhaft eine Unmenge an Filmen. Die jetzt erschienene, aus tausenden Motiven destillierte Auswahl arbeitet eine erstaunliche Parallelität zur damals dem „Neorealismus“ nahestehenden Fotografie des Landes heraus, wie er beispielsweise in dem üppigen Winterthurer Ausstellungskatalog vorgestellt wird. Hoepker hat aber nicht nur das Gespür im Finden „typischer“ Motive zum Beispiel aus dem Straßenleben (Musiker, Kinder, Händler), sondern beweist ein erstaunliches Talent für die Komposition. Hoepker war damals noch ein Amateur, aber die Arbeit in Italien könnte einen Anteil an seiner Entscheidung gehabt haben, seine Leidenschaft für die Fotografie zu professionalisieren.

Die angenehm dezente Gestaltung von Ana Druga und Thomas Gust bringt die Fotos mit dem Wissen um die Klassiker der italienischen Straßen- und Stadtfotografie und der von Ausländern geschaffenen Fotobücher über Italien (wie Paul Strand, Un Paese, 1955; William Klein, Roma, 1959; Herbert List, Napoli, 1962) in Fluß und zur Wirkung. Ein kleines, durch Papier im Blau des Vorsatzes abgetrenntes Kapitel in der Mitte des Buchblocks ist dem Lesen gewidmet, auf der letzten Doppelseite sind zwei Kontaktbögen abgebildet, die an die nicht einfache Arbeit des analogen Auswählens erinnert. Das kleine, bis in die Details (Einbandfarbe azzurro…) sorgfältig produzierte Buch sei nicht nur den Fans von Thomas Hoepker empfohlen, sondern auch den Menschen, die sich durch einen leicht nostalgischen, aber nicht minder frischen Blick auf Bella Italia erfreuen lassen.

Italia war auch auf der Photobookweek in Aarhus 2023 präsent