Inszenierte Plätze, hinzugedachte Körper

Plätze auf Panoramfotos von Karen Kipphoff

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Karen Kipphoff hat sich an eine der anspruchsvollsten Aufgaben gewagt, die die Fotografie zu bieten hat, nämlich an die Aufnahme von Panoramen mittels einer Kamera, deren Objektiv rotiert und auf diese Weise einen riesigen Bildwinkel um den Preis von tonnenförmigen Verzeichnungen abbildet. Die Beherrschung dieses doppelten optischen Handicaps erfordert Idealbedingungen sowohl in technischer als auch in gestalterischer Hinsicht – nicht jedes Motiv lässt sich auf diese Weise überzeugend fotografieren. Kipphoffs Panoramafotos wurden in einem dünnen und schmalen Katalog veröffentlicht, in dem jedes Motiv über je eine Doppelseite geht und durch den Bund in der Mitte zweigeteilt (oder zerstückelt) wird.

Den Bildern wurde ein Text der Künstlerin vorangestellt. Dieser kreist um das Thema des „perfomativen Charakters von Architektur“ oder um den Gegensatz öffentlich – privat am Beispiel von Plätzen als um den Menschen herum gebauter Architektur. Man findet dazu viele Zitate anderer Autoren, doch die Frage ist, wie sich diese mit dem Bildern verbinden. Wie es gehen könnte, wird an den Installationsfotos aus der Ausstellung „Staged Places“ in der Kunsthalle Bergen (2005) deutlich, die den Katalog beschließen. Einprojizierte, auffällig den Vordergrund dominierende Individuen sind hier Mittelpunkt der spannungsvollen Szenerien. Von den überwiegend in Bukarest, Montreal und Berlin aufgenommenen Prospekten mit Häusern, Grünflächen, Straßen, Ladenpassagen und Staffagefiguren sind einige identisch oder in Variationen auch im Katalog zu finden – aber ohne die einmontierten Protagonisten. Soll sich etwa der Betrachter des Buches in die Rolle des Passanten hineindenken und die ohne gestalterische Höhepunkte auskommenden Panoramen sozusagen wie eine Bühne mit seiner gedanklichen Präsenz ausfüllen? Oder ist die mit dem Theater wohl vertraute Fotografin selbst als Mittelpunkt gedacht?

Die Bilder im Katalog sind ziemlich leer und bieten viel Platz zur Entwicklung von Gedankenexperimenten, so ähnlich, wie die Künstlerin eines für ihre Ausstellung in Bergen realisiert hat. Fehlen diese und betrachtet man die Arbeiten allein als Resultate einer Panoramakamera, scheinen sie kaum geeignet, relevante Aussagen über öffentliche Räume und deren Nutzer, über einen Rückzug ins Private, Inszenierungen gesellschaftlicher Wirklichkeiten oder über Plätze als Repräsentationsflächen zu liefern. Dazu hätte anders fotografiert werden müssen.

 

  • Titel: Inszenierte Plätze/Inszenierte Körper
  • Untertitel: 
  • Bildautor: Karen Kipphoff
  • Textautor: Karen Kipphoff
  • Herausgeber: 
  • Gestalter: 
  • Verlag: Kehrer
  • Verlagsort: Heidelberg
  • Erscheinungsjahr: 2006
  • Sprache:  deutsch, englisch
  • Format: Panoramaformat
  • Seitenzahl: 80
  • Bindung: Paperback
  • Preis: 18 Euro
  • ISBN: 3936636885

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