Mein Vater ist der Chef

hristoph Burtschers kleine Welt in jüngeren Jahren

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Christoph Burtscher wird 1965 in einem kleinen österreichischen Stadt geboren. Er hat Eltern, Geschwister, Cousins und Cousinen, einen Großvater, Freunde. Er geht zur Schule, schreibt kleine Aufsätze über seine Familienleben, er bekommt 1973 seine erste Kamera geschenkt und fotografiert bis 1983. 2005, inzwischen absolviert er ein Zweitstudium als Fotokünstler, beginnt Burtschers Vita als Künstler mit einer bis heute nicht beendeten Tournee von Ausstellungen. Ich kannte den Fotografen schon lange, ohne es zu wissen, denn das vielleicht faszinierendste seiner Fotos ist auf einem Plakat zu sehen, das seit 2004 in einer Ecke im Atelier meiner Freundin hängt. Meine erste Kamera war von Porst, die zweite, bessere, war eine Dacora…

Wen interessiert schon, was heutigen Fotografen als Kinder in den siebziger Jahren widerfuhr? Burtschers Buch heißt, nach einem Zitat aus einem Schulaufsatz, „Mein Vater ist Chef“. Es enthält Fotos, die der acht- bis siebzehnjährige Christoph als persönliches visuelles Tagebuch aufgenommen hat. Der Blick des kritischen Erwachsenen schweift kuratierend über die direkt und ohne künstlerisches Kalkül entstandenen, sehr persönlichen Fotos, die überwiegend im Familien- und Freundeskreis gemacht wurden. Die Bilder irritieren auf den ersten Blick: ist das Ganze authentisch oder inszeniert und Ergebnis eines genialen konzeptuellen Schachzugs? Wo sind die aus meinen alten Alben vertrauten Effekte des Dark Fadings, des unabhängig von der Einwirkung des Lichtes sich vollziehenden Ausbleichens bestimmter Farben, was den Bilder aus den Siebzigern einen kuriosen Rotstich verleiht? Warum habe ich nicht so oft andere Kinder fotografiert wie Burtscher? Was sagt mir die auf Vor- und Nachsatz von Buch und Begleitheft verlaufende Zeitleiste, in der Ereignisse wie das Ende des Vietnamkriegs oder die Eröffnung des World Trade Centers eingetragen sind? Nein, das hat uns als Kinder damals nicht interessiert. Als Kind in einem westeuropäischen Land hatte man damals andere Sorgen, Nöte und Probleme. Davon zeugt das irritierende Buch, dessen Gestaltung etwas unentschlossen zwischen Fotoalbum, Schulheft und Künstlerbuch changiert, und das mich, wenig älter als Burtscher, nachdenklich zurücklässt.

 

  • Titel: Mein Vater ist Chef
  • Untertitel: Frühe Fotografien
  • Bildautor: Christoph Burtscher
  • Textautor: Anton Holzer
  • Herausgeber: Rainer Iglar, Michael Mauracher
  • Gestalter: 
  • Verlag: Fotohof Edition
  • Verlagsort: Salzburg
  • Erscheinungsjahr: 2009
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 112 plus 22
  • Bindung: Bildband Leinen, Textband Softcover, gemeinsame Bauchbinde
  • Preis: 25 Euro
  • ISBN: 978-3-902675-20-0

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