Reden wir über Fotografie

Hans-Michael Koetzle (Jg. 1953) ist seit langem einer der profiliertesten Schreiber über Fotografie, insbesondere über fotogeschichtliche und fotobuchgeschichtliche Themen. Er war und ist als Journalist für Fachzeitschriften tätig, erarbeitete mehrere Lexika und Standardwerke, steuert(e) Katalogtexte bei, ist Herausgeber und des Öfteren Kurator. Einen auf einzelne Protagonisten der Fotogeschichte konzentrierten Teil aus diesem reichen Œuvre vereint dieser aus Aufsätzen und Interviews zusammengestellte Sammelband, der weder nach den originalen Titeln noch alphabetisch geordnet wurde, sondern nach der Chronologie der Geburtsjahre der vorgestellten Gestalter, Herausgeber, Fotografinnen und Fotografen: von Aenne Biermann (Jg. 1898) bis Martin Parr (Jg. 1952). Diese Namen bilden das Programm, wie aus dem Inhaltsverzeichnis hervorgeht. Die einzelnen Beiträge gehen fast alle auf Gespräche zurück, werden immer von einem charakteristischen Zitat und den Lebensdaten eingeleitet und beendet mit einer kurzen Tagebuchnotiz zu den Umständen der Begegnungen zwischen dem Autor und seinen Protagonisten. In zwei Fällen handelt es sich um Erstveröffentlichungen, ansonsten um Texte, die schon einmal irgendwo, meist in Fotozeitschriften, erschienen waren und die es wert sind, in Buchform eine erhöhte Dauerhaftigkeit zu erlangen.

Am Anfang des Bandes steht eine vom Herausgeber beigesteuerte Würdigung des Autors, den Abschluss bilden die Fußnoten und eine Liste der wichtigsten Publikationen von Koetzle samt der von ihm kuratierten Ausstellungen. Das Hardcover ist bei dem kleinen Format bei fast 400 Seiten trotz des leichten, matten Papiers im Aufschlagverhalten etwas unhandlich, vielleicht wäre eine flexiblere Bindung wie bei einem Taschenbuch lesefreundlicher gewesen.

Abseits akademischer Pfade gewinnt Hans-Michael Koetzle sein Material durch unermüdliche Recherche an den analogen Quellen: durch Interviews, in Archiven, durch Auswertung von zeitgenössischen Publikationen. So entsteht Wissenschaft, nicht der Wissenschaft willen, sondern des Wissens willen, und das immer sprachlich elegant und anschaulich formuliert sowie instruktiv illustriert. Für diesen Sammelband wurde allerdings, und dies überrascht, auf Illustrationen völlig verzichtet. Das mag verschiedene Gründe gehabt haben, ergibt aber in diesem Fall eine willkommene Konzentration auf die Meisterschaft des Autors im Führen von Gesprächen und im Vermitteln fotogeschichtlicher Inhalte.

Die einzige Abbildung im Buch ist ein vom Herausgeber aufgenommenes Porträt des Autors.