Wege durchs Hinterland

Zwei Neuerscheinungen sind dem komplizierten Sujet Landschaft gewidmet: Wege ins Land von Christian Borchert (1942-2000) und Hinterland von Hans-Christian Schink (* 1961). Beiden Fotografen gemeinsam ist neben einem subjektiven Interesse am Thema die Herkunft aus Ostdeutschland, wo sie dann auch ihre melancholischen Motive fanden.

Borcherts aus dem Nachlass zusammengestellten, für sein Werk nicht eben typischen Schwarzweißaufnahmen aus den Jahren 1972 bis 1996 zeichnen ein mattes Bild von Kulturlandschaft, das Licht ist fahl, die Tonwerte variieren vor allem grau in grau. „Wege ins Land“ ist hier wörtlich zu nehmen, Straßen, Wasserläufe oder nur Treckerspuren auf dem Feld verlieren sich am Horinzont. Nach einem einstimmenden Gedicht von Elke Erb fängt es irgendwo an, so ähnlich endet es auch wieder, ohne Höhepunkte, ohne erkennbares Ziel mäandern die Wege durch das überwiegend winterliche und flache Land.

In Hinterland ähnliches, auch hier steht ein Gedicht am Anfang, dann aber die Bilder aus den Jahren 2012 bis 2019 in unbunten Winterfarben mit Ausnahme zweier Motive mit Raps- und Lupinenblüten. Schink nimmt zudem hin und wieder tierische, wie ausgestopft wirkende Staffagen mit ins Bild: Pferde, Hühner, Rinder, Schwäne, Schafe. Auch Schink vermeidet Licht und Schatten, sucht Nebel, Raureif und Schnee, was der Bildstrecke einen pastellig-verhaltenen Charakter verleiht. Einmal kommt Humor auf, gezeigt wird eine auf eine Mauer gemalten Sommerlandschaft im Schnee, zweimal dräut Grabstein- und Ruinensymbolik. Allein das Papier von Vorsatz und Textteil strahlt in seinem kräftig-poppigen Orangeton so heftig, als ob die Gestalter das Zuwenig an Farbe korrigieren wollten. Immer wieder nimmt Schink Anleihen bei Heinrich Riebesehls Agrarlandschaften (1979), indem er landwirtschaftliche Betriebsgebäude oder Details davon in seine Szenerien einbezieht. Schinks Buch ist ein thematisch zusammenfassender Katalog perfekt komponierter, farblich delikater Großformate, die wie geschaffen für die Museumswand sind.

An welche Zielgruppen richten sich die beiden Bände? Borcherts Landschaftswege fügen seinem veröffentlichten Werk eine neue Facette hinzu. Den Schink-Katalog werden vor allem seine Galeristen und Sammler zu schätzen wissen.