Zwei Frauenleben

Aus der Fotohof Edition in Salzburg erreichten uns zwei Neuerscheinungen, die bei aller Unterschiedlichkeit eine Gemeinsamkeit haben, nämlich dass sie sich mit dem Leben zweier Frauen beschäftigen.

Silent River von Eugenia Maximova handelt vom Tod der Journalistin Victoria Marinova in der bulgarischen Stadt Ruse im Jahr 2018. Beide Frauen kannten sich gut, das Schicksal der vergewaltigten und ermordeten Journalistin, die sich mit Recherchen auf das gefährliche Terrain der Korruption gewagt hatte, drohte unter den Teppich gekehrt zu werden, nachdem verdächtig schnell ein Täter präsentiert wurde. Das Wissen um das Verbrechen und die Aufklärung ist nötig, um das Buch zu verstehen, das durch drei Wegeskizzen (Opfer, Täter, Zusammentreffen an der Donau – letzeres auch auf dem Cover) strukturiert wird. Eine lose Beilage dokumentiert internationale Internet-Berichte über die Tat. Maximovas dokumentarische Fotos spannen einen assoziativen Rahmen vom Leben der Freundin zur teils trostlos wirkenden Atmosphäre in der Stadt. Für einige persönliche Bilddokumente sind sogar zwei Doppelseiten im Stil eines Fotoalbums mit Pergamin-Zwischenseiten integriert. Mit Silent River liegt ein Denkmal für Maximova in Buchform vor, das den Tod der engagierte Journalistin in Erinnerung halten wird.

Der haptische Zugang zum Buch der österreichischen Fotografin Elfie Semotan (* 1941) erschließt sich zunächst nicht auf den ersten Griff, weil es von einer Art Mappe umschlossen ist. Öffnet man den aus Aktenkarton gefalteten Umschlag, landet man zunächst auf der letzten Seite mit dem Impressum, muss dann die kurze Einschlagklappe auffalten und dann kommt man an den Anfang des mit einem offenen Rücken fadengehefteten Buchblocks. Dieses Intro passt perfekt zum Titel des Buches All Personal, was meint, dass hier Fotos aus dem persönlichen Archiv der Fotografin versammelt sind. Diese werden in locker chronologischer Weise präsentiert und zuweilen durch Tagebuchauszüge der Fotografin kommentiert („… Dieses Foto entstand am Tag, nach dem wir uns das erste Mal getroffen hatten, da ich schon sicher den Mann für´s Leben gefunden zu haben“, S. 19). Das private Album wird an drei Stellen durch Serien von Straßen- und Reiseszenen unterbrochen, die auf einem schwarzen Fond stehen und mit Ausklapptafeln auffällig gestaltet wurden. Vielleicht stehen diese Einschübe für eine gewisse Rastlosigkeit im Leben der für Mode, Werbung und Kunst vielbeschäftigten Fotografin? Wer einen Einblick in die Welt von Elfie Semotan erlangen oder ein gutes Beispiel einer Autobiographie in Fotobuchform sehen möchte, sollte sich diesen Band anschauen.