Die Auslober des Deutschen Fotobuchpreises teilen mit, dass man eine kreative Pause brauche, um über eine Neukonzeption nachzudenken.
Der Markt für Fotobücher ist schwieriger denn je geworden. Der Geist ist aus der Flasche, Fotobücher macht heute so gut wie jeder, aber wen interessiert das noch? Die unübersehbar vielen Klein- und Eigenproduktionen werden über Homepages und soziale Netzwerke vertrieben, Verlagsproduktionen erscheinen in nach wie vor hoher Zahl, aber in der Regel nur noch nach Subventionierung durch den Autor, eine herausgebende Institution oder einen Sponsor.
Wer kann bei den vielen Fotobüchern noch den Überblick behalten? Der Deutsche Fotobuchpreis half ein wenig beim Sortieren der vielen Neuerscheinungen. Da passt es überhaupt nicht ins Bild, dass der Deutsche Fotobuchpreis in einer Pressemitteilung vom 11.3.2016 eine „Denkpause“ ankündigte. Die Tournee der zuletzt ausgezeichneten Bücher wird noch zu Ende gebracht, aber eine erneute Ausschreibung wird es nicht geben. Glauben die Veranstalter nicht mehr an ihre eigene Idee? Der Preis, früher Kodak Fotobuchpreis, war vor anderthalb Jahrzehnten schon mal am Ende, wurde aber später in anderer Trägerschaft und unter neuem Namen fortgesetzt. Der Deutsche Fotobuchpreis war sicherlich keine Fundgrube für die angesagte Drucksachen-Avantgarde; selbstpublizierte Titel und Bücher aus Kleinverlagen wurden so gut wie nie berücksichtigt, Mainstream herrschte vor. Aber für die etablierten Verlage war der Preis und die damit verbundene Publicity ein probates Mittel, die eigenen Werke ein wenig aus der bunten Masse hervorzuheben. Und für das Publikum war der Deutsche Fotobuchpreis eine Möglichkeit, sich im Dschungel der Neuerscheinungen zu orientieren.
Aber vielleicht ist die „Denkpause“ wirklich nötig, um auf das veränderte Markgeschehen angemessen reagieren zu können. Sicherlich ist ein Konzept wie das der seit 2008 vergebenen Auszeichnung Best Photobooks des Kasseler Fotobuchfestivals ein zeitgemäßeres Mittel zur Hervorhebung nennenwerter Neuerscheinungen zwischen Eigenverlag und Großproduktion. Die Kasseler Auswahl basiert auf dem Urteil eines immer neu berufenen, inzwischen ziemlich großen Kreises internationaler Experten, ist verbunden mit Ausstellungen, einer dauerhaften Präsentation im Internet, der Publikation eines Kataloges und der Vergabe eines Publikumspreises. Bei diesem „Award“ kann man sich nicht bewerben, er ist nicht auf ein einzelnes Land beschränkt und wird ohne Unterstützung eines Verlages, einer Buchhandlung oder einer Buchhandelsorganisation durchgeführt. Vollständigkeit über die Neuerscheinungen eines Jahres ist so oder so nicht möglich, warum dann nicht gleich dem engagierten Urteil anerkannter Experten vertrauen statt lustloser Pflichtübungen einer erstarrten Institution? Einziger Nachteil von Best Photobooks: Oft sind die gelobten Bücher bei Erscheinen des Kataloges schon vergriffen, was ja durchaus für die präsentierte Auswahl spricht. – Nachtrag 2020: Diese Auszeichnung wurde 2018 zum 11. und vorerst letzten Mal vergeben; eine Weiterführung scheint nicht in Sicht zu sein. Freilich gibt es schon seit Jahren den einflussreichen Aperture PhotoBook Award, der in eine Ausstellung im Rahmen der Messe Paris Photo mündet.
Bei den Buchprämierungen gibt es im Übrigen noch eine traditionsreiche Alternative, nämlich die alljährlich von der Stiftung Buchkunst vorgestellten Schönsten Bücher. Wenn da Fotobücher dabei sind, kann man sich deren hoher gestalterischer Qualität absolut sicher sein. Und das gilt in der Rückschau bis 1929, als diese Auszeichnung zum ersten Mal vergeben wurde.
Nachtrag und Aktualisierung: Unter neuem Träger und mit neuem Reglement wird der Deutsche Fotobuchpreis seit 2017 fortgeführt.