Hinter dem Schleier

Geheimnisvoll in schwarzes Tuch gehüllt und mit einem roten Siegel verschlossen kommt das kleine Büchlein der aus dem Iran stammenden Fotografin und Künstlerin Amak Mahmoodian (* 1980). In den Zeiten von Islamismus und der Diskussion um die Zulässigkeit von Vollverschleierung ein Auftritt, der neugierig macht. Es ist schwierig, das Kunststoffsiegel zu öffnen, ohne die dünne Tuchhülle zu beschädigen (was mir nicht gelungen ist, was aber vielleicht zum Konzept gehört). Hat man das geschafft, erwartet den Leser ein in weinrotes Kunstleder gebundenes Büchlein, das nicht zufällig so groß und gestaltet ist wie ein Reisepass. Die Fotos zeigen Passbilder – selbstverständlich von unverschleierten Frauen. Eines ist zur Hälfte herausgerissen, eines fehlt, weil die Dargestellte es sich mit der Veröffentlichung anders überlegt habe. Kombiniert werden die Fotos mit den Fingerabdrücken, wie sie auch zur Identifizierung von Personen dienen können. Einzelne größere Farbaufnahmen zeigen das Gesicht einer Frau, wobei die Abzüge aber mit schwarzem Filzstift krude übermalt wurden.

Dieses kleine Buch zur Rolle der Frau im Islam ist perfekt gestaltet – Form und Inhalt passen zusammen, was einmal mehr die Hoffnung nährt, dass die Möglichkeiten, ein Fotobuch zu gestalten, das auch als politisches Statement gelten kann, noch nicht ausgeschöpft sind. Einziger Wermutstropfen: das in einer kleinen Auflage von 300 nummerierten Exemplaren gedruckte Buch ist beim Verlag schon vergriffen.