Kracher! Magnum!

Ein Band über die wohl früheste Magnum-Gruppenausstellung

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Bei „Magnum“ denkt Otto-Normalverbraucher zuerst einmal an Speiseeis. Fotografen und Presseleute sind anders: Sie denken zunächst an die berühmte Fotoagentur und erst dann kommt das Eis mit der krachenden Schokohülle. Magnum – die Fotoagentur – ist eine Institution, und das seit über sechzig Jahren. 1947 von Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, David „Chim“ Seymour und George Rodger gegründet, ging es den Gründungsmitgliedern darum, außergewöhnliche Fotos machen, sich bewusst und klar von der Sensationspresse zu unterscheiden: Fotoreportage nicht lediglich als Bild-Information, sondern als künstlerischer Akt mit universellem Anspruch. Diesen Anspruch löst die Agentur bis heute ein, zahlreiche ihrer Fotos haben sich ins Bildgedächtnis der Menschheit eingebrannt.

Bislang galt die 1956 von L. Fritz Gruber kuratierte Schau für die photokina in Köln als erste Magnum-Gruppenschau. Zufällig hat man im Kellerraum des Französischen Instituts in Innsbruck vor einigen Jahren eine Kiste mit 83 Schwarz-Weiß-Abzügen von acht Magnum-Fotografen entdeckt. Die Fotos waren auf verschiedenfarbige Hartfaserplatten aufgeklebt. Unter dem Titel „Gesicht der Zeit“ tourte diese (wohl) wirklich allererste Magnum-Ausstellung 1955 und 1956 durch einige Städte Österreichs. Der vorliegende Band ordnet alle Serien zu einer virtuellen Buch-Ausstellung: Robert Capas „Baskenland“ Henri Cartier-Bressons „Ghandi, Erich Lessings „Wiener Kinder“, Werner Bischoffs „Fototagebuch“ Inge Moraths „Mayfair, Ernst Haas’ „Land der Pharaonen“, Marc Ribouds „Dalmatien und Jean Marquis’ „Ungarn“.

Aus jeder Serie wurde ein Foto herausgelöst und zusammen mit den anderen der Ausstellung als prologartiger Auftakt vorangestellt. Das erste Motiv zeigt das Gesicht eines weinenden ungarischen Kind von Werner Bischof. Schon hier beginnen die Fragen: Eröffnete dieses im Zusammenhang mit dem Ausstellungstitel „Gesicht der Zeit“ durchaus programmatische Bild wirklich die Ausstellung? Entsprechen die farbigen Buchseiten den Farben der originalen Hartfaserplatten? Welche Formate haben Fotos und Untergründe? Der Band enthält zwar das Faksimile eines Ausstellungsplakats, aber warum nicht auch den Einleitungstext, der sich ebenfalls in der Kiste befand?

Christoph Schaden hat dem Band einen kundigen und gut zu lesenden Essay beigesteuert. Leider haben die Herausgeber auf alle technisch-formalen Informationen verzichtet, von Kurzbiografien der Fotografen einmal abgesehen. Ungeachtet dessen berühren die Fotos ausnahmslos mit ihrer tiefen, visionären Menschlichkeit. Und das nach mehr als sechzig Jahren. Magnum eben.

 

  • Titel: Magnum’s First
  • Untertitel: 
  • Bildautor: 
  • Textautor: Christoph Schaden
  • Herausgeber: Peter Coeln, Achim Heine, Andréa Holzherr
  • Gestalter: 
  • Verlag: Hatje Cantz
  • Verlagsort: Ostfildern
  • Erscheinungsjahr: 2008
  • Sprache: deutsch
  • Format: 
  • Seitenzahl: 212
  • Bindung: Hardcover, Schutzmschlag
  • Preis: 30 Euro
  • ISBN: 978-3-7757-2215-5

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