Der Foliant wird im Klappentext beworben als „umfangreichste Foto-Studie über Berlin, die jemals veröffentlicht wurde.“ Auf immerhin 670 großformatigen Seiten versammelt der von Hans Christian Adam edierte, knapp vier Kilo schwere Band 571 Aufnahmen von 280 Fotografen aus den Jahren von 1860 bis heute. Im Anhang werden die Fotografen in Kurzbiografien vorgestellt. So erhält man ein kleines Lexikon der Berlin-Fotografen, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt
Jedes Kapitel wird auf einigen Seiten mit einem historischen Abriss eingeleitet. Aber warum hat man die Texte auf scheußlichen metallic-blauen Grund gedruckt? Das Lesen wird so zur Qual. Adams Kapiteleinteilung lautet: Kaiserzeit (1860 bis 1919), Zwischen den Kriegen (1919 bis 1939), 2. Weltkrieg und Nachkriegsjahre (1939-1953), Teilung und Neubeginn (1953-1989), Wende und Nachwendejahre bis heute. Bei der Anordnung des immensen Materials folgt Adam demnach zwar der Chronologie. Allerdings hebt er die in der Historie üblichen Epochenmarkierungen weit gehend zugunsten einer Darstellung größerer Zusammenhänge auf. Vor allem in Hinblick auf die Nachkriegszeit – die sonst üblicherweise getrennt als Geschichte Ost und Geschichte West behandelt wird – entstehen reizvolle, sich gegenseitig erhellende und einander ergänzende Bildstrecken und Gegenüberstellungen.
Der Klappentext vermeldet, Adam habe in öffentlichen und privaten Sammlungen recherchiert und zehntausende Bilder gesichtet, was wir gerne glauben. Bibliografie und Bildnachweis geben zwar nackte Auskünfte über die Quellen, aber einen editorischen Bericht, der Materialauswahl und Anordnung erläutert und begründet, kann das nicht unbedingt ersetzen. So ist der Band eher eine opulente Geschichte Berlins in Fotos als ein reflektierender Beitrag zur Geschichte der Fotografie in Berlin. Adams Bildauswahl ist gleichwohl deswegen zu loben, weil er meist nicht auf die bekannten, tausendfach reproduzierten Ikonen der Berlinfotografie setzt, sondern dem unbekannten, nie oder wenigstens selten Gesehenen den Vorzug gibt.
Wie in einem pointilistischen Gemälde erst die Summe der aneinander gesetzten Punkte das Bild entstehen lässt, so vermittelt die Summe der Fotos, an die der Betrachter gleichsam entlang flaniert, eine Vorstellung von der bewegten und wechselhaften Geschichte Berlins.
PS Mit diesem Buch begründete der Verlag eine Reihe, die u.a. mit Bänden über Paris und New York fortgesetzt wurde.
- Titel: Berlin
- Untertitel: Porträt einer Stadt
- Bildautor: diverse
- Textautor: Hans Christian Adam
- Herausgeber: Benedikt Taschen
- Gestalter:
- Verlag:
- Verlagsort: Köln
- Erscheinungsjahr: 2007
- Sprache: deutsch, englisch, französisch
- Format:
- Seitenzahl: 672
- Bindung: Hardcover, Schutzumschlag
- Preis: 49,99 Euro
- ISBN: 9783822814451
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