Ein Tagebuch voller Musik

Andreas Herzau begleitete die Bamberger Symphoniker weiter

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Vor vier Jahren erschien ein Fotobuch, das die Bamberger Symphoniker in einem neuen Licht zeigte. Der Kollege war begeistert, ich war es auch und kaufte mir den schönen Band. Nun ist eine Art Fortsetzung erschienen, wieder in enger Zusammenarbeit zwischen dem Orchester und dem Fotografen Andreas Herzau (* 1962), dieses Mal aber in einem anderen Verlag und deutlich kleiner, aufgemacht im Stil eines Tagebuches mit Leinenrücken, gerundeten Ecken und Lesebändchen. Dass der Band die Nummer 1 trägt, lässt auf geplante Fortsetzungen schließen. Herzau und sein Gestalter Marc Eichner mischen Schwarzweiß und Farbe, Impressionen von den auf den Tourneen besuchten Städten und den dortigen Konzerten. Die Bilder rauschen am Betrachter vorbei, draußen bunte Straßenszenen, erhaschte Blicke auf Sehenswürdigkeiten, drinnen Konzentration auf den Dirigenten, auf die Instrumente und Noten. Dazwischen, quasi als Pausen und auf dünnem Werkdruckpapier, Texte, die um die Tagebucharbeit kreisen, um das Reisen, um Europa. Am Ende findet man nicht nur eine Liste der aufgesuchten Orte nebst dem dargebotenen musikalischen Programm, sondern auch die Liste aller beteiligten Musikerinnen und Musiker.

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Herzaus Blick auf die urbane Topographie ist wie immer erfrischend und mitunter rätselhaft, die Konzertaufnahmen fallen dem Reportageauftrag entsprechend nüchtern aus. Die Orte lassen sich durch winzige, an den Rand gesetzte Bildlegenden ermitteln, die Vorsatzpapiere zeigen eine Karte mit Terminen (vorn) und Orten (hinten), was aber auch in einer ans Ende gesetzten Liste der dargebotenen Stücke und der beteiligten Dirigenten und Solisten á la Programmheft aufgelöst wird.

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Ich frage mich, für wen das Buch eigentlich gemacht wurde: Für Fans der Bamberger Symphoniker, zu erwerben in der Konzertpause, für Fans des Fotografen, der seinem ohnehin eindrucksvollen Fotobuchschaffen ein weiteres Opus hinzufügt, für Freundinnen der klassischen Musik, für Sammler von fotoillustrierten Musikbüchern, für Reisende als Buch gewordenes Bekenntnis zum geeinten Europa?

Das Buch ist perfekt fotografiert, arrangiert und produziert und doch berührt es mich nicht so, wie es sein Vorgänger von 2016 noch tat. Dort war Musik zwischen den Seiten zu spüren, die eingestreuten Worte von Nora Gomringer taten das ihre, um das Papier zum Klingen zu bringen. 2020 wird im bewährten Stil berichtet und protokolliert. Ein Tagebuch eben.

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  • Titel: Bamberg Diary #1
  • Untertitel: Europa. Meine Heimat
  • Bildautor: Andreas Herzau
  • Textautor: Alfred Brendel, Eleonore Büning, Jacob Burckhardt, Holger Noltze, Uwe Rada
  • Herausgeber: Holger Noltze
  • Gestalter: Marc Eichner
  • Verlag: Nimbus Verlag
  • Verlagsort: Wädenswil
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: deutsch, englisch
  • Format: 22,1 x 16 cm
  • Seitenzahl: nicht paginiert (276 S.)
  • Bindung: illustriertes Halbleinen
  • Preis: 25 Euro
  • ISBN: 978-3-03850-074-2

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