Geheimes Land

Anne Heinleins Projekt zu Sperrgebieten in der DDR

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„Zwölf Prozent der Fläche der ehemaligen DDR waren Sperrgebiete.“ Diese Aussage war der Ausgangspunkt für die Fotokünstlerin Anne Heinlein (* 1977), die sich zum Ziel gesetzt hatte, diese überraschend und erschreckend hohe Zahl in Form eines Buches zu visualisieren. Für Geheimes Land kombinierte Heinlein selbst gemachte und historische Fotos: (Wald-)Motive vielleicht von den Rändern ungenannter Sperrgebiete, Inszenierungen von Tatorten oder Ausbildungssituationen, Originalaufnahmen aus der Arbeit der DDR-Truppen und, zum Abschluss, Stillleben von gefundenen Objekten. Dazu gehören auch in Abstraktion übergehende Motive von heruntergekommenen Innenwänden, man darf annehmen, aus ehemaligen Unterkünften oder Kasernen (Wünsdorf?). Die beiden letzten Fotos zeigen eine blutrot gestrichene Rauhfasertapete, auf der weiße, von oben herabfließende Farbe dünne Spuren hinterlassen hat. Mehr Symbolik kann es angesichts des Themas kaum geben.

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Zur Arbeitsweise der Künstlerin sei die Anmerkung gestattet, dass die herangezogenen Aufnahmen aus der DDR-Zeit laut Heinleins Impressum aus dem Buch „Soldaten, erschienen im Deutschen Militärverlag“ stammten. Gut, es geht um ein künstlerisches und nicht um ein dokumentarisches Projekt, aber etwas genauer hätte dieser Nachweis schon sein dürfen, denn es gibt aus diesem staatseigenen Verlag einige Bücher mit dem Begriff „Soldaten“ im Titel. Die Gesichter der realen Personen, die auf den historischen Fotos erscheinen, wurden von Heinlein gepixelt, was wohl authentischer wirken soll.

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Insgesamt wirkt das Ganze etwas bemüht. In den beigegebenen Texten steckt einiger Schrecken, vor allem in den Stasi-Zitaten über „Vorkommnisse“ im Militärdienst (gemeint sind Schikanen an Armeeangehörigen und Zivilpersonen). Doch dieser verblasst angesichts der Aufreihung von Bildern von dramatischen Situationen, Archiv-Dokumenten und vor Ort gemachten Fundstücken. Heinlein hatte vor ein paar Jahren zusammen mit Göran Gnaudschun schon einmal eine ähnliche Arbeit realisiert, bestehend fast ausschließlich aus historischem Bild- und Textmaterial zu einem der größten Sperrgebiete der DDR, dem Grenzstreifen zur BRD und dabei anhand von Wohnplätzen, die wegen ihrer Nähe zur Grenze abgeräumt und zu Wüstungen wurden, mit Einzelschicksalen gearbeitet. Während Geheimes Land im Ungefähren und an der Oberfläche bleibt, war Wüstungen konkreter und dadurch ergreifender. Auch die beiden Bücher von Sabine von Breunig und Johann Karl über die 1994 von der Roten Armee verlassenen Militärstadt Wünsdorf, ein von Heinlein ebenfalls als Fundort genanntes Sperrgebietsobjekt, ließen mich staunen und ich fragte mich in diesen beiden Fällen nicht, an wen sich die künstlerische Aufarbeitung dieses DDR-Phänomens eigentlich richtete.

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  • Titel: Geheimes Land
  • Untertitel: 
  • Bildautor: Anne Heinlein
  • Textautor: Julia Schoch, Peter Weiss
  • Herausgeber: 
  • Gestalter: Uta Oettel
  • Verlag: Fotohof Edition
  • Verlagsort: Salzburg
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: deutsch, englisch
  • Format: 25,5 x 19,3 cm
  • Seitenzahl: unpaginiert (128 S.)
  • Bindung: flexibles Leinen
  • Preis: 30 Euro
  • ISBN: 978-3-903334-38-0
  • Titel: Wüstungen
  • Untertitel: 
  • Bildautor: Anne Heinlein
  • Textautor: Göran Gnaudschun
  • Herausgeber: Anne Heinlein, Göran Gnaudschun
  • Gestalter: Uta Oettel
  • Verlag: Distanz Verlag
  • Verlagsort: Berlin
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: deutsch, englisch
  • Format: 28,5 × 21 cm
  • Seitenzahl: unpaginiert (176 S.)
  • Bindung: Leinen, illustrierter Schutzumschlag
  • Preis: 39,90 Euro
  • ISBN: 978-3-95476-181-4

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