Schöne Hässlichkeit?

Turit Fröbe zeigt „Eigenwillige Eigenheime“ in all ihrer Pracht

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„Die Bausünden der anderen“: das klingt wie „Das Leben der Anderen“ (hier großgeschrieben), erinnert also an das mit einem Oscar gekrönte Stasi-Drama, in dem Ulrich Mühe 2006 die Hauptrolle des Agenten spielte. Man schaut auf „die anderen“, zeigt vielleicht mit dem Finger auf sie, weil man nie „zu denen“ gehört, sondern über diese gewissermaßen moralisch erhaben ist.

Turit Fröbe hat aus den allgegenwärtigen Bausünden und Geschmacksverirrungen eine (offenbar) einträgliche Publikationsreihe gemacht. Immerhin sind bereits mehrere Bücher und Abrisskalender erschienen. Sie kann das noch endlos fortsetzen, denn gesündigt wird am Bau immer und ewig. Immerhin trägt Fröbe dazu bei, dass man nach dem Betrachten ihrer Bücher offenen Auges durch Städte und Dörfer geht und sich an bizarren Erkern, seltsamen Überformungen, komischen Verkleidungen und aus der Form geratenen Verzierungen erfreut, darüber mit seiner Begleitung ins Gespräch kommt oder sich gleich fürchterlich aufregt. Vieles ist hässlich, keine Frage, Turit Fröbe will den Blick jedoch auf die prächtig schöne Hässlichkeit lenken, in der sie durchaus individuellen gestalterischen Willen wähnt. Das kann man freilich auch anders sehen.

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Im Vergleich zur Kunst der Bausünde (2013) ist die Gestaltung der Eigenwilligen Eigenheime deutlich besser gelungen, auch wenn die Fotos weiterhin bewusst kunstlos sind. Manches Bild wirkt, als hätte Fröbe es im Vorbeifahren aus dem Auto gemacht. Aber wir geben auch zu, dass es nicht wirklich entspannend ist, sich mit der Kamera vor ein Einfamilienhaus zu postieren und ausgiebig Gabionen und Buchsbaum-Schnittwunder im Steingarten oder die vorgefertigten Baumarktapplikationen an der Fassade abzulichten. Immerhin ist das Papier des Buches nicht mehr so matt wie bei den „Bausünden“, die Bilder wirken jetzt frischer und die kommentierenden Bildunterschriften sind nicht mehr als scheußliche Balken ins Foto geblockt. Format und sonstige Gestaltung wurden trotz des Verlagswechsels weitgehend beibehalten und unterstreichen den Reihencharakter.

Die Kunst der Bausünde hatte seinen Zweck bereits gut erfüllt, wie übrigens auch Ulf Soltaus Gärten des Grauens. Will sagen: „Eigenwillige Eigenheime“ bietet visuell nichts Neues. Es ist vor allem eine Ergänzung, der wahrscheinlich weitere folgen werden.

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  • Titel: Eigenwillige Eigenheime
  • Untertitel: Die Bausünden der anderen
  • Bildautor: Turit Fröbe
  • Textautor: Turit Fröbe
  • Herausgeber: 
  • Gestalter: Andreas Rupprecht
  • Verlag: DuMont
  • Verlagsort: Köln
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: deutsch
  • Format: 18 x 23 cm
  • Seitenzahl: 158
  • Bindung: illustriertes Hardcover
  • Preis: 20 Euro
  • ISBN: 9783832199920

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